Von Björn Schlüter

Helmstedt (epd). Kaum ist die Handy-Kamera auf das Stoffquadrat am Altar ausgerichtet, piept auch schon das Smartphone und schlägt dem Nutzer vor, eine Internetseite aufzurufen. Sie zeigt dem Besucher, wo das Schmucktuch hergestellt wurde. Ein großflächiger QR-Code mitten im Zentrum des Paraments macht es möglich. "Alte Handwerkskunst kann ziemlich modern sein", sagt Klostervorsteherin Mechthild von Veltheim. Am Sonntag enthüllte sie im evangelischen Kloster St. Marienberg in Helmstedt den nach ihren Recherchen "weltweit ersten Altarschmuck mit Internet-Anbindung". Nach einigen Jahren der Vorbereitung ist die knapp einen Quadratmeter große Stoffbahn entstanden.

Rote Seidenbänder, zu zentimeterbreiten Elementen zusammengestickt, bilden den Code auf reinweißem Untergrund. "Die Seidenbänder derart präzise anzuordnen ist eine ziemliche Fummelarbeit", sagt von Veltheim. An sich ist die Quick-Response-Technik (QR) weit verbreitet. Kommunen statten Denkmäler mit QR-Codes aus, in Museen lassen sich an Kunstwerken darüber zusätzliche Informationen abrufen, und auch manche Kirche oder Kapelle bietet Reisenden mit einer Hinweistafel samt Code die Möglichkeit, sich eingehend mit dem Gebäude zu befassen. "QR-Codes auf Stoff gab es nach unserem Wissen bislang nur auf Handtüchern."

Die Idee, einen QR-Code zum Altarschmuck zu machen, kam von Veltheim vor einigen Jahren bei einer Dienstreise nach Oldenburg. Dort habe sie zum ersten Mal von Bänken erfahren, auf denen der Bremer Künstler Michael Weisser QR-Codes angebracht hatte. "Ich dachte mir, wenn das auf Bänken funktioniert, müsste doch auch mit edlem Stoff machbar sein." So kam die Paramentenwerkstatt mit dem Künstler in Kontakt. "Er lieferte auch den Entwurf für ein Antependium, also ein Tuch, das vor dem Altar hängt", ergänzt die Klostervorsteherin. Allerdings habe er sich inzwischen aus dem Projekt zurückgezogen.

Die Möglichkeiten, welche Informationen mit dem Parament übermittelt werden, seien grenzenlos, sagt von Veltheim stolz. Für den Anfang habe sich das Kloster für die Internetseite der Werkstatt entschieden. "Aber das könnte beliebig ausgetauscht werden. Bei einem Konzert könnte das Parament beispielsweise auf Musik verweisen, in Gottesdiensten ließe sich der Predigttext einbinden." Aus diesem Grund will das Kloster den Altarschmuck auch deutschlandweit zum Ausleihen anbieten. "Und wenn eine Kirche ein eigenes QR-Parament haben möchte, freut sich unsere Werkstatt über jeden Auftrag."

Sie habe keine Sorgen, dass Kirchenbesucher zukünftig wegen des Paramentes mehr mit dem Smartphone als mit dem Gottesdienst beschäftigt seien, sagt die Klostervorsteherin. "Die Kirche ist bis heute ein Ort, an dem das Handy eher weggesteckt wird." Wer sich für das Parament interessiere, könne sicher auch bis zum Ende der Predigt warten. "Dann ist ohnehin die Zeit gekommen, sich mit einer tieferen Botschaft auseinanderzusetzen."

Träger von hintergründigen Botschaften seien Paramente im Grunde schon immer, erläutert von Veltheim. Anhand der liturgischen Farben unterstrichen sie den Charakter und die Stimmung der kirchlichen Riten. Weiß etwa ist die Farbe des Lichtes und kommt an Festen wie Weihnachten oder Ostern zum Einsatz, Violett versinnbildlicht den Übergang in der Fastenzeit und der Adventszeit, Schwarz ist die Farbe der Trauer. "Insofern passt es ganz gut, dass wir uns bei dem QR-Code für ein kräftiges Rot entschieden haben", sagt Mechthild von Veltheim: "Das ist die Farbe des Heiligen Geistes, und der kommt eben auch durch die digitale Welt noch über uns."  

www.parament.de/qr
Source: Kirche-Oldenburg