Oldenburg (epd). Das Oldenburger Stadtmuseum hat ein Ton-Archiv mit rund 60 Interviews mit Opfern des Nazi-Terrors übernommen. Der Heilpädagoge Günter Heuzeroth habe die Aufnahmen zwischen den frühen 1970er und -90er Jahren gemacht, sagte Museumschef Andreas von Seggern am Donnerstag. Die Gespräche seien ein «historischer Schatz». Sie zeigten, unter welchen Umständen Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene in welchen Betrieben im Oldenburger Land leiden mussten. Die Aufnahmen sollen bis zum nächsten Jahr digitalisiert werden. Die Menschen im Land Oldenburg wählten sich bereits 1932 als erstes Land der Weimarer Republik eine nationalsozialistische Regierung.

Der 1934 geborene Heuzeroth sagte, er habe die Interviews aus einem persönlichen Interesse heraus geführt. «Ich habe noch sowjetische Kriegsgefangene gesehen, die als Zwangsarbeiter schuften mussten. Das hat mich nicht mehr losgelassen.» Er habe vor allem mit politischen Gefangenen, Kriegsgefangenen aus vielen europäischen Länder sowie mit Sinti und Roma und «Zeugen Jehovas» gesprochen. Mit den jüdischen Opfern habe er keine Interviews geführt, weil die Geschichte der Juden in der Region bereits gut aufgearbeitet gewesen sei.

Etliche Interviewte seien froh gewesen, endlich jemanden die eigene Leidensgeschichte erzählen zu können, berichtete Heuzeroth. Ihm sei deutlich geworden, wie sehr das von den Nazis angerichtete Unrecht in der Bevölkerung verdrängt worden sei und zum Teil bis heute verdrängt werde. «Darum waren die Gespräche für die Opfer und deren Angehörige eine Anerkennung und Würdigung des erlittenen Unrechts.»

Die Aufnahmen dienten Heuzeroth und einem Autorenteam als Quellen für die achtbändige Dokumentation «Unter der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus 1939 – 1945 – dargestellt an den Ereignissen in Weser-Ems». Allerdings seien die Bücher längst vergriffen, sagte Heuzeroth. Das Museum solle die Interviews nun in geeigneter Form Wissenschaftlern, Schülern und anderen Interessierten zur weiteren Erforschung zugänglich machen.

Wann dies geschehen kann, ist allerdings noch ungewiss, räumte von Seggern ein. Zunächst müssten die Aufnahmen digitalisiert und dann museumspädagogisch sinnvoll in die Sammlung eingegliedert werden. Die Abteilung Stadtgeschichte sei im Stadtmuseum lange vernachlässigt worden. Dies habe sich erst in jüngerer Zeit geändert. Doch für die Erweiterung seien mehr Platz und Geld nötig.
Source: Kirche-Oldenburg