Organspende, ja oder nein, das Thema bewegt viele Menschen. Dass jede Entscheidung zu respektieren ist, war eine der Aussagen am Freitagnachmittag, 19 Mai, im Haus der Stiftung Hospizdienst Oldenburg.
Emotional, sensibel und nachhaltig wirkte die Kooperationsveranstaltung „Organe spenden?“ auf fast 40 Interessierte. Eingeladen hatten die Ev. Frauenarbeit, Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg, Stiftung Hospizdienst Oldenburg und die Akademie der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg.

Nach der Begrüßung durch Renate Lohmann, Leiterin des Ambulanten Hospizdienstes, stand das Thema „Organe spenden“ vier Stunden lang im Mittelpunkt der Gespräche. „Wichtig sind Informationen und sich dann ohne Druck zu entscheiden“, stimmte Dr. Andrea Schrimm-Heins, Leiterin der Evangelischen Frauenarbeit, Frauenbildungsreferentin, auf das Thema ein. Es sei eine „tolle Aktion“ der Evangelischen Frauen in Deutschland (EFiD), das komplexe Thema aufzugreifen. „Es geht um grundlegende Werte unserer Gesellschaft und das Selbstverständnis, was Menschsein ausmacht."

Für Frauke Josuweit „ein hochemotionales Thema, es geht um Leben und Sterben.“ Die Pressereferentin der Evangelischen Frauen in Deutschland (EFiD), Hannover, stellte die Auseinandersetzung mit dem Thema seit dem Gesetz der Entscheidungslösung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aus dem Jahr 2012 vor.

Die EFiD wirbt in der Kampagne: „Organspende-entscheide-ich.de“, für einen „anderen Organspende-Ausweis“. Ein Positionspapier stellt seit November 2013 ausführliche Informationen der ergebnisoffenen Diskussionen zur Verfügung. (www.evangelischefrauen-deutschland.de)

„In der öffentlichen Diskussion geht es hauptsächlich um die Organspende, die Leben retten kann. Im anderen Spenderausweis geht es aber um zwei Spenden, um Organ- und um Gewebespende. Die Voraussetzungen für diese beiden Spendearten unterscheiden sich deutlich, sie sollten daher nicht vermischt werden“, wiederholt Josuweit die Aussage der Bischöfin der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Ilse Junkermann.

Der andere Organspende-Ausweis der Evangelischen Frauen unterscheide zwischen Hirntod als Voraussetzung der Organspende und Tod als Voraussetzung der Gewebespende. Zwischen Hirntod und Tod gelte es genau zu unterscheiden. Die EFiD spricht sich zudem für eine Vollnarkose bei der Entnahme von Organen aus. Die Frage, ab wann ein Mensch tot sei, ob der Übergang vom Leben zu Tod klar bestimmt werden könne, bewegt die Menschen, daher zögern viele, einen Organspende-Ausweis auszufüllen.

Als Referent geladen war auch der Neurochirurg Prof. Dr. med. Andreas Zieger. Er beantwortete Fragen aus beziehungsmedizinischer Sicht. Der Experte für Fragen des Hirntods beschäftigt sich seit 1988 mit Patienten im Koma/Wachkoma und deren Angehörigen. Er ist Befürworter der engen Zustimmungslösung.

„Der Mensch ist mehr als nur Organe – eine leib-seelisch-soziale Einheit“, sagte Prof. Zieger. Der Mensch sei ein soziales Wesen mit einem Gehirn als soziales Organ. „Der Hirntod ist nicht der Tod des Menschen“, der Experte erklärte die Zeichen für „lebendig sein“, Kriterien von Leben, demgegenüber auch die Zeichen für „tod sein“. Die Besuchenden hörten über das Sterben als Prozess des Lebens, erfuhren mehr über den Herztod und Hirntod, die gesetzliche Bestimmungen und viele Einzelheiten über Lebenszeichen von Hirntoten und Herz-Kreislauftod.

Prof. Zieger erwähnte auch die Probleme und Belastung von Angehörigen. Er kritisierte den Druck der Medien und Öffentlichkeit, sich zu entscheiden. „Menschen sterben nicht an fehlenden Organen, sondern an ihrer Grunderkrankung. Das ist ein großer Unterschied“, zitierte er Prof. Dr. Giovanni Maio. (Maio 2012)
Prof. Zieger findet, dass Angehörige nicht genug vorbereitet und informiert seien. Die Frage der Sterbebegleitung im OP-Saal sei für ihn elementar und habe Einfluss auch auf Angehörige.

Gegen eine Begleitung im OP sprach sich Pastorin Evelyn Freitag aus. Für die Krankenhaus-Seelsorgerin (Klinikum Oldenburg) ist bereits der Aufenthalt auf der Intensivstation eine große Herausforderung und Hürde für die nahen Angehörigen. Sie plädierte für Kommunikation und eine schriftliche oder mündliche Regelung. Die Pastorin stellte die Bandbreite ihrer seelsorgerischen Arbeit vor. Bei plötzlichem Hirntod stehe sie vor der Aufgabe in begrenzter Zeit eine Entscheidung zu begleiten. Für sie ist es wichtig, dass Angehörige sich anders, als evtl. festgelegt entscheiden können. Diese Ankreuz-Möglichkeit biete der andere Organspende-Ausweis.

In drei Gruppen diskutierten die Besuchenden Fragen und ihre Gedanken, die in der Schlussrunde, moderiert von Andrea Gärtig, Diakonin und Referentin für gemeindebezogene Frauenarbeit, zusammengetragen wurden. Prof. Zieger sieht die Gesetzgebung in Deutschland „gut reguliert“, verglichen mit anderen Ländern „am besten“. Die Freiheit, sich entscheiden zu können, ist ein extrem hohes Gut.“
 
Ein Beitrag von Bärbel Romey.
Source: Kirche-Oldenburg