In dem zwölften Gottesdienst seiner Predigtreihe zum Reformationsjubiläum mit Liedern von Martin Luther stellte Bischof Janssen am Sonntagabend in der St.-Marien-Kirche in Großenkneten das Lutherlied: „Nun freut euch, lieben Christen“ (Evangelisches Gesangbuch 341,1) im Mittelpunkt. Dieses wohl früheste von Martin Luther geschriebene Lied entfalte „geradezu einen ganzen Reisebericht Jesu –  von Gott her zum Menschen hin – mit dem Menschen zu Gott hin – und an der Seite des Menschen auf dem dann nur noch gemeinsamen Weg.“ Es sei eine Einladung, für die, die so oft „sauertöpfisch auf die Rechnung schielen und nachzählen“.
„Die Reformation baut neue Brücken zwischen dem Evangelium und unserer Zeitgenossenschaft!“, hob Janssen hervor. Dieses sei an den Begriffen „Übersetzung“, „Befreiung“ und „Wirklichkeitsnähe“ festzumachen.
Heute sei es kaum vorstellbar, welche Wucht es hatte, dass Luther das Kirchenlatein hinter sich gelassen und in Glaubensfragen die aktuelle Muttersprache der Menschen zur Anwendung gebracht hatte. „Endlich ließen sich Glaube, Hoffnung, Liebe, auch Fragen und Zweifel über die alten Formeln hinaus überhaupt in den Mund nehmen und nun selber formulieren“, sagte Janssen. Dieses Übersetzen sei harte Arbeit. „Es muss eine Brücke nach der anderen bauen, von einer in die andere Sprache, von einer in die andere Kultur.“ Dieses sei eine Leistung, die etwas ganz anderes sei als bloß Verdeutschung! Darum forderte Bischof Janssen dazu auf, Menschen, die in unserem Land Zuflucht suchen, Übersetzung anzubieten anstatt nur zu fordern, dass sie gefälligst unsere Sprache zu lernen hätten. Wie gastfreundlich empfänden wir es selbst, wenn Urlaubsorte uns mit deutschen Schildern helfen. „Es wäre in Luthers Sinn, wenn wir die Muttersprache unserer Gäste mehr respektierten!“, so Janssen. 
Das Lied erzähle von einer vertrauensvollen Begegnung, von einem bewegenden Dialog, den Gott selber eröffnet, der „ein Akt der Befreiung zum Christenmenschen“. Gott sehe die Menschen gnädig und barmherzig an. Gott mache keine Rechnung auf. Das habe befreiende Kraft aus den Fesseln der Furcht. Und die dazugehörenden Schritte dahin seien spürbar, so Janssen. So hätten sich in dieser Woche in Wittenberg Einwohner dieser Stadt bedankt, dass mit der „denkbar. der laden“ in einem alten Friseursalon ein Raum der Begegnung entstanden war, in dem in einer kirchenfremden Region Platz für Fragen, für befreiende Gespräche und für eine ermutigende Perspektive war.

Schließlich habe Luther in Evangelium und Bibel die Nähe Gottes zum Alltag der Menschen wieder entdeckt. Es ist eine „Wirklichkeitsnähe“. Er lehrte weltliche Berufe neu respektieren, sie zu Ehren zu bringt und sie als einen Gottesdienst im Alltag der Woche einzuordnen, betonte Janssen. So verstehe er auch das Projekt „Kneter Kanzel“ der Kirchengemeinde, bei dem Menschen mit ganz unterschiedlicher Berufs- und Lebenserfahrung Gottes Wort in den Mund nehmen, es auslegen und ihre Überlegungen und Übersetzungen anderen anbieten.
An dem Gottesdienst in Großenkneten wirkten Pfarrer Dietrich Jaedicke, Lektorin Gabriele Hinrichs, der Kirchenchor unter der Leitung von Lothar Schmincke, der Posaunenchor Großenkneten/ Ahlhorn unter der Leitung von Michael Grewe sowie Kreiskantor Thorsten Ahlrichs (Orgel) mit.
Der nächste Gottesdienst findet am kommenden Sonntag, 17. September, um 18 Uhr Friedenskirche in Augustfehn gefeiert. Dort wird das Lutherlied: „Strick ist entzwei, und wir sind frei“ (Evangelisches Gesangbuch 297,4) im Mittelpunkt stehen.
Die Gottesdienstreihe wird von der Kirchenmusik und den Kirchengemeinden mitgestaltet und mitbestimmt. Es sind deshalb 17 Kirchengemeinden ausgewählt worden, die sonst nicht so im Zentrum stehen. Der Reigen sei auch Ausdruck seiner Freude daran, immer wieder in der ganzen oldenburgischen Kirche unterwegs zu sein, so Bischof Jan Janssen. Die Gottesdienstreihe zwischen Minsen im Norden und Steinfeld im Süden steht unter dem Motto: „Ein feste Burg – ein frischer Blick“. In den 17 Abendgottesdiensten werden 17 elementare Glaubensthemen entfaltet und mit 17 Liedern Martin Luthers verbunden. Dabei wird jeweils ein Luther-Lied musikalisch durch neue Lieder ergänzt. 

Source: Kirche-Oldenburg