Die Einführung eines neuen Feiertags sorgt für hitzige Diskussionen in Niedersachen. Ministerpräsident Weil (SPD) will den Reformationstag am 31. Oktober, die Protestanten unterstützen ihn. Katholiken, jüdische Gemeinden und andere lehnen ihn ab.
Hannover (epd). Die mit Spannung erwartete Entscheidung über einen neuen gesetzlichen Feiertag in Niedersachsen rückt näher. Am Dienstag (19. Juni) stimmen die 137 Abgeordneten des Landtags in Hannover darüber ab, ob der Reformationstag am 31. Oktober künftig landesweit arbeitsfrei wird. So sieht es ein Gesetzentwurf der rot-schwarzen Landesregierung vor. Ein zweiter Vorschlag von Abgeordneten vor allem aus der CDU setzt sich für den Buß- und Bettag im November ein. Ein Entwurf der Grünen fordert gleich zwei neue Feiertage: den Internationalen Frauentag am 8. März und den Europatag am 9. Mai.
Sollte der Landtag für den Reformationstag votieren, so wäre der 31. Oktober mit hoher Wahrscheinlichkeit in allen vier norddeutschen Bundesländern ein Feiertag. Hamburg und Schleswig-Holstein hatten sich bereits im Februar für den Reformationstag entschieden. Die Bremer Bürgerschaft stimmte in erster Lesung ebenfalls dafür. Das kleinste Bundesland will aber mit der endgültigen Abstimmung zunächst abwarten, wie sich der niedersächsische Nachbar entscheidet. In Ostdeutschland außer Berlin ist der 31. Oktober bereits seit langer Zeit ein Feiertag.
Anders als in den anderen norddeutschen Ländern verlief die Diskussion in Niedersachsen ungewöhnlich kontrovers. Während die evangelische Kirche den Vorschlag des Ministerpräsidenten begrüßte, übten die jüdischen Gemeinden, aber auch die katholische Kirche, die religionskritischen Humanisten und Wirtschaftsverbände scharfe Kritik. Die jüdischen Gemeinden verwiesen dabei auf judenfeindliche Äußerungen des Reformators Martin Luther (1483-1546), und die Katholiken fühlen sich an die Kirchenspaltung im 16. Jahrhundert erinnert.
Die Humanisten argumentierten, es gebe schon genug christliche Feiertage, und aus Sicht der Wirtschaft braucht Niedersachsen gar keinen neuen Feiertag. Entsprechend scharf fiel die Reaktion der Opposition im Parlament aus: Insbesondere FDP und Grüne attackierten Weils Feiertagspläne heftig. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Bevölkerungsstruktur des Landes: Anders als im hohen Norden oder in Bremen gibt es in Niedersachsen einige Gebiete mit katholischen Bevölkerungsmehrheit, etwa im Emsland oder im Eichsfeld.
Dabei hatte Weil alles von langer Hand vorbereitet: Bereits Ende September 2017 und damit drei Wochen vor der Landtagswahl schlug der Ministerpräsident vor, den Reformationstag zum gesetzlichen Feiertag zu machen und damit eine Ungerechtigkeit im Vergleich zu den süddeutschen Bundesländern zumindest abzumildern: Denn während die Nordländer bislang nur neun gesetzliche Feiertage haben, gibt es in Bayern 13 Feiertage, und in Baden-Württemberg und im Saarland zwölf.
Nach der Wahl holte Weil die übrigen norddeutschen Ministerpräsidenten ins Boot. Auch sie sprachen sich für einen neuen Feiertag am 31. Oktober aus. Der Vorstoß schien überzeugend begründet: Die Reformation hat den Norden tief geprägt, damit war das Kriterium der regionalen Besonderheit erfüllt. Und der Tag fällt in die zweite Jahreshälfte, in der es nicht so viele Feiertage gibt wie in der ersten. Doch die Absprache förderte bei den Kritikern auch das Gefühl, die Sache sei längt ausgemacht, und das Parlament solle den Willen der Regierungschefs nur noch abnicken.
Bei der Abstimmung am Dienstag braucht Weil mindestens 69 Stimmen für die einfache Mehrheit. Die CDU ließ bereits verlauten, in ihrer 50-köpfigen Fraktion zeichne sich eine deutliche Mehrheit für den 31. Oktober ab. Allerdings wollen 13 CDU-Abgeordnete für den Buß- und Bettag stimmen. Die AfD will den Reformationstag mittragen. Aus der SPD mit 55 Sitzen wurden zuletzt auch Zweifel am Reformationstag laut – so sprach sich Landtagspräsidentin Gabriele Andretta öffentlich für den Internationalen Frauentag am 8. März aus. CDU und SPD haben angekündigt, bei der Abstimmung den Fraktionszwang aufzuheben.
Source: Kirche-Oldenburg