Hannover/Oldenburg (epd). Die Diakonischen Werke in Niedersachsen und Oldenburg haben sich einer Initiative für die Rettung von Bootsflüchtlingen aus dem Mittelmeer angeschlossen. Mehr als 250 zivilgesellschaftliche Organisationen fordern die Bundesregierung auf, einen Notfallplan zu entwickeln: «Wir sind erschüttert angesichts der gegenwärtigen europäischen Politik, die immer stärker auf Abschottung und Abschreckung setzt – und dabei tausendfaches Sterben billigend in Kauf nimmt», heißt es in dem am Mittwoch veröffentlichten Schreiben. Es wurde unter anderem von «Ärzte ohne Grenzen», Amnesty International, Caritas sowie dem evangelischen Hilfswerk «Brot für die Welt» unterzeichnet.
Konkret fordern die Organisationen von der Bundesregierung, sich für einen Verteilmechanismus für die geretteten Menschen einzusetzen.
Derzeit werden von Fall zu Fall aufnahmebereite Staaten gesucht. Deutschland hat sich dabei regelmäßig beteiligt. Die Organisationen verlangen zudem, keine Migranten nach Libyen zurückzuschicken und deutschen Städten und Gemeinden zu erlauben, zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen, wenn sie sich dazu bereiterklären.
Adressiert ist das Schreiben direkt an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Es ging unter anderem auch ans Bundesinnenministerium, das Auswärtige Amt sowie die zuständigen Ausschüsse im Bundestag und die Mitglieder des niedersächsischen Landtags.
Der Vorstandssprecher der Diakonie in Niedersachsen, Hans-Joachim Lenke, sagte, in der Geschichte der Menschheit habe es immer Wanderungsbewegungen. Migration habe zu positiven sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklungen beigetragen. «Die aktuelle Diskussion ist leider geprägt von Illegalisierung, Kriminalisierung, Kontrolle und Abschreckung.» Wertvolle Effekte auf die Gesellschaft und die humanitäre Verantwortung nähmen nur einen geringen Raum ein. Sein Kollege Thomas Feld, Vorstand der Diakonie im Oldenburger Land, ergänzte: «Rettung aus Seenot und Zugang zu Asylverfahren dürfen nicht von der Herkunft oder Hautfarbe abhängen.»
Die EU hatte kürzlich mit der Entscheidung, für die Mittelmeer-Mission «Sophia» keine Schiffe mehr einzusetzen, für Empörung bei Flüchtlingshelfern gesorgt. Schiffe der Mission retteten auch regelmäßig gekenterten Migranten das Leben.
«Das Aussetzen der Operation ‘Sophia’ und der Abzug der Marine vor der libyschen Küste ist in der dramatisch zugespitzten Situation im Mittelmeer im wörtlichen Sinne unterlassene Hilfeleistung», erklärte der Vorsitzende des Paritätischen Gesamtverbandes, Rolf Rosenbrock, der den Brief ebenfalls unterzeichnet hat. Die Seenotrettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer zu beenden, komme einem «moralischen Offenbarungseid» gleich, sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie. Die EU habe sich verpflichtet, Schutzsuchenden Zugang zu einem fairen Asylverfahren zu gewähren. «Stattdessen setzt sie immer stärker auf Abschottung und Abschreckung», kritisierte er.
Source: Kirche-Oldenburg