Hannover (epd). Angesichts der steigenden Corona-Zahlen wird auch über Gottesdienste an Weihnachten diskutiert. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) forderte die Kirchen am Wochenende auf, ihre Gottesdienste wegen der Pandemie-Entwicklung zu überdenken. Dagegen halten das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und der rheinische Präses Manfred Rekowski Präsenzgottesdienste für verantwortbar und möglich. Berlins evangelischer Bischof Christian Stäblein hob die Möglichkeit von Gottesdiensten im Freien hervor.

Brinkhaus appellierte in der Düsseldorfer «Rheinischen Post» (Samstag) an die Einsicht der Kirchen, «die kirchlichen Veranstaltungen so weit wie möglich zurückzufahren und nach Alternativen zu suchen, um die Gläubigen keinem Risiko auszusetzen». Gegebenenfalls müsse «aber auch noch auf dem Verordnungsweg nachgesteuert werden». Weihnachten falle im übrigen nie aus, sagte der Christdemokrat: «Die Freude über die Geburt Jesu bleibt bei allen Christen unabhängig davon, wie wir es feiern können.

Dagegen sagte ZdK-Präsident Thomas Sternberg dem «Redaktionsnetzwerk Deutschland» (Samstag): «Mit Abstandsgebot, Meldepflicht, Desinfektion und Rücksicht sind Gottesdienste geplant und möglich.» Denkbar sei, den Gesang dabei grundsätzlich zu untersagen. Weihnachten ohne Kirchgang sei für viele Menschen kaum vorstellbar, sagte Sternberg. «Und doch wird es für besonders Gefährdete und die, die keinen Platz in den Gottesdiensten erhalten, zur Realität.» Der Präsident der katholischen Laienorganisation setzt deshalb auch auf einfallsreiche Alternativen: «Das Fest kann Kreativität freisetzen mit Hausgottesdiensten, Gebeten, Gesang im Freien und anderem mehr.»

Präses Rekowski wies darauf hin, dass die Kirchengemeinden mit viel Fantasie Gottesdienstformate entwickelt hätten, «die es ermöglichen, Weihnachten unter besonderen Umständen so risikoarm wie möglich zu feiern». Angesichts der aktuellen Entwicklung der Infektionszahlen würden diese sorgfältigen Planungen in den kommenden Tagen immer wieder überprüft und gegebenenfalls verändert, schreibt der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland in seinem Präses-Blog. Möglich seien Gottesdienste im Freien, mit wenigen Teilnehmern und kurzer Dauer in Kirchen oder auch als Online-Veranstaltung. Wegen penibel umgesetzter Hygienekonzepte fühle man sich derzeit in einem Gottesdienst verglichen mit den Erfahrungen beim Einkaufen in einer Fußgängerzone «fast wie ein Einsiedler».

Stäblein sagte im Berliner RBB-Rundfunk, Weihnachten draußen und nicht in der Kirche zu feiern, sei zwar ungeplant und ungewöhnlich. Die biblische Weihnachtsgeschichte beginne aber auch «draußen auf dem Feld» mit Hirten, die dort «mit der Härte des Lebens konfrontiert» gewesen seien, betonte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

Auch der Intensivmediziner Christian Karagiannidis sprach sich für Gottesdienste im Freien aus. Weihnachtsgottesdienst sollten «nur draußen stattfinden und die maximal mögliche Zahl bei Treffen nicht voll ausgereizt werden», sagte der wissenschaftliche Leiter des Intensivregisters der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag).

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, hatte sich zuvor offen dafür gezeigt, für Familientreffen und Weihnachtsgottesdienste zur Not andere, digitale Lösungen zu finden. Dagegen sprach sich der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover am Freitag dafür aus, trotz der Diskussionen um schärfere Maßnahmen zum Schutz vor Corona an den geplanten Gottesdiensten an Heiligabend festzuhalten. «Wir setzen vor allem auf viele dezentrale, zeitlich kurze Angebote, die überwiegend draußen stattfinden, auch um einen Gottesdienst-Tourismus zu verhindern», betonte auch er. «Kirche ist vor Ort für die Menschen da, die Trost und Hoffnung suchen.»

Kirche-Oldenburg
Präsenzgottesdienste an Weihnachten in der Diskussion – Kirchenvertreter kontern Brinkhaus-Forderung nach Alternativen