Osnabrück/Hannover (epd). Der Osnabrücker Staatsrechtler Hermann Heußner hat die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre für die Europawahlen als bedeutenden Schritt gewürdigt. Der Beschluss des Bundestages vom Donnerstagabend sei «epochal, weil die Europawahlen materiell eine ähnliche Bedeutung wie die Bundestagswahlen haben und deshalb die 16- und 17-Jährigen bedeutenden politischen Einfluss bekommen», sagte der Professor für öffentliches Recht an der Hochschule Osnabrück der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Freitag). Auch evangelische Jugendvertreter begrüßten den Schritt. Damit zufrieden geben wollen sie sich allerdings nicht.
Der Bundestag hatte am Donnerstag mit den Stimmen der Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP die Absenkung des Wahlalters für Europawahlen auf 16 Jahre beschlossen. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, auch die Bundestagswahl für Menschen ab 16 Jahren zu öffnen.
Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej), Hansjörg Kopp, bezeichnete die Veränderungen bei der Europawahl als einen Etappensieg, weitere Wahlrechtsänderungen müssten dringend folgen. «Deshalb rufen wir Politiker und Politikerinnen dazu auf, das aktive Wahlalter auch für weitere Wahlen zeitnah abzusenken», sagte er am Freitag in Hannover. Seit 2006 setzt sich die aej laut einem damals gefassten Beschluss für «eine Absenkung des aktiven Wahlalters auf 14 Jahre auf kommunaler, Länder-, Bundes-, Europaebene und im kirchlichen Raum» ein.
Staatsrechtler Heußner prognostizierte eine politische «Hebelwirkung». Das Wahlalter von 18 Jahren auch bei den Bundestagswahlen dürfte politisch mittelfristig kaum noch zu halten sein. Daher müsse die Koalitionsvereinbarung «unbedingt» umgesetzt werden. Dafür brauche es eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag. «Zwar ist die Union im Bund bisher gegen eine Wahlaltersabsenkung. Allerdings ist ein Umdenken zu erwarten», sagte Heußner. So habe die CDU auf Landesebene zusammen mit den Grünen in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen das Wahlalter 16 bei Landtagswahlen eingeführt beziehungsweise wolle das tun.
Kirche-Oldenburg
Staatsrechtler Absenkung von Wahlalter wichtiger Schritt – Evangelische Jugendvertreter fordern weitere Änderungen im Wahlrecht