Hannover. Der niedersächsische Flüchtlingsrat kritisiert den Stopp von kostenlosen Bus- und Bahnfahrten für Flüchtlinge aus den Erstaufnahmen des Landes. «Wir sind mit dieser Entscheidung und Begründung natürlich nicht einverstanden», sagte Flüchtlingsrats-Geschäftsführer Kai Weber am Sonntag auf epd-Anfrage. Die Übernahme der Fahrtkosten sei wichtig für die Einbindung der Flüchtlinge in die Gesellschaft gewesen.

Die Flüchtlinge aus den Erstaufnahmeeinrichtungen können mit Jahresbeginn nicht mehr gratis Bus oder Bahn fahren. Das Verkehrsministerium hat einem Sprecher zufolge entsprechende Vereinbarungen mit den Verkehrsbetrieben aufgekündigt. Zeitweise seien sehr viele Flüchtlinge auch über einen längeren Zeitraum in den Erstaufnahmen und abgelegenen Notunterkünften des Landes untergebracht gewesen. Niedersachsen habe deshalb als einziges Bundesland die kostenfreien Fahrten gewährt. Angesichts gesunkener Flüchtlingszahlen sei das Angebot so nicht mehr erforderlich.

Bisher reichte den rund 2.400 Migranten aus den Erstaufnahmen ihr Bewohnerausweis als Fahrkarte auch für Privatfahrten innerhalb der Landkreise, in der sich ihre jeweilige Einrichtung befindet. Künftig müssen sie sich ein Ticket kaufen. Für Fahrten zu amtlichen Terminen zahlt weiterhin der Staat. Gegenüber der «Neuen Osnabrücker Zeitung» hatte eine Ministeriumssprecherin auch mit den Kosten für das bisher geltende Angebot argumentiert. Seit Start der Maßnahme im Oktober
2015 sei ein Betrag von drei Millionen Euro angefallen. Werde das Angebot fortgeführt, sei mit Ausgaben von jährlich 1,2 Millionen Euro zu rechnen.

Der Flüchtlingsrat sieht die Entscheidung des Ministeriums auch in der Angst vor Vorwürfen begründet, Flüchtlinge würden bevorzugt. «Das ist natürlich Unsinn insofern, als die Fahrtkostenfreiheit eine zeitlich begrenzte Leistung für Menschen darstellte, die sich neu in einem ihnen fremden Land orientieren», sagte Weber. Zwar wäre es geschickter, Sozialtickets für alle Bedürftigen zu ermöglichen. «Das allerdings wäre eine Angelegenheit der Kommune.» Der Flüchtlingsrat habe das Ministerium aufgefordert, künftig wenigstens Fahrtkosten zu Sprachkursen des Landes zu übernehmen. «Viele Geflüchtete können sich den Besuch solcher Sprachkurse nämlich nicht leisten, da sie die Kosten für die Anfahrt nicht tragen können.»

epd
Source: Kirche-Oldenburg