Hannover (epd). Der niedersächsische Landtag hat ein Verbot von Gesichtsschleiern und Vollverschleierungen in Schulen auf den Weg gebracht. Das Plenum stimmte am Mittwoch mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP und CDU für eine Ergänzung des Paragrafen 58 des Schulgesetzes. Demnach wird Schülerinnen und Schülern ganz allgemein die Pflicht auferlegt, alles zu unterlassen, «was den ordnungsgemäßen Schulbetrieb unmöglich macht». Darunter ist auch eine Verschleierung zu verstehen, selbst wenn davon in dem Gesetzestext nicht mehr direkt die Rede ist.
Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) bezeichnete die Änderung dennoch als «klare und praxisnahe Rechtsgrundlage für den Umgang mit Verschleierungen an Schulen». Stefan Politze (SPD) sprach von einem «gemeinsam tragfähigen Kompromiss» vor dem Hintergrund, dass das Gesetz sowohl in die Religionsfreiheit als auch in den staatlichen Bildungsauftrag von Schulen eingreife. Für die Grünen wies Heiner Scholing darauf hin, dass die Schwierigkeit darin bestehen werde, das Gesetzes mit pädagogischen Mittel umzusetzen. Mit der Regelung solle Schülerinnen und Schüler der Zugang zu Bildung ermöglicht werden, sie sollen aber nicht ausgeschlossen werden, betonte Scholing.
Jörg Hillmer (CDU) nannte die Regelung einen Minimalkonsens. «Wir sind mit dem Ergebnis nicht zufrieden.» Er kündigte an, die CDU werde weiter daran arbeiten, ein Verhüllungsverbot in allen öffentlichen Gebäuden von Land und Kommunen gesetzlich zu verankern. «Wir werden das Thema wieder aufrufen. Heute gehen wir nur einen ersten Schritt in die richtige Richtung.» Auch der FDP-Fraktion geht das Gesetz noch nicht weit genug. Allerdings stelle es eine klare Verbesserung für die Schülerinnen und Schüler dar, sagte Stefan Birkner.
Bereits im Vorfeld der Landtagssitzung hatten die niedersächsischen Islamverbände Ditib und Schura das Verbot als populistisch und kontraproduktiv kritisiert. Mit Zwang würde eine Protesthaltung allenfalls weiter verstärkt. Im Einzelfall könne ein Imam, der den Jugendlichen die Grundlagen der Religion erkläre, mehr bewirken als staatliche Verbote, sagte der Schura-Vorsitzende Recep Bilgen dem epd. Der Ditib-Vorsitzende Yilmaz Kilic wies darauf hin, dass das Gesetz nur ganz wenige Einzelfälle betreffen werde.
Im vergangenen Jahr hatten in Niedersachsen mehrere Schülerinnen, die im Unterricht einen Gesichtsschleier (Nikab) trugen, die Politik beschäftigt. Für kontroverse Diskussionen sorgte insbesondere der Fall eines Mädchens in Belm bei Osnabrück, das über Jahre vollverschleiert im Unterricht erschien. Die Schule und das Ministerium hatten dies geduldet. Versuche, die junge Frau zum Ablegen des Gesichtsschleiers zu bewegen, schlugen fehl. Die Schülerin hat inzwischen ihren Realschul-Abschluss abgelegt und die Schule verlassen.
Source: Kirche-Oldenburg