Bremen (epd). Die Bremer Kita-Expertin Ilse Wehrmann fordert von der Politik eine konzertierte Aktion, um dem akuten Fachkräfte-Mangel in den Kindertagesstätten zu begegnen. «Die neue Bundesregierung müsste einen Runden Tisch einrichten, eine Kinderbeauftragte einsetzen und einen Plan für die nächsten zehn Jahre entwickeln», sagte Wehrmann am Dienstag in einem Beitrag für tagesschau.de. Die Politik habe sich die Nachfrage «ein bisschen schön gerechnet». Die Folge sei, dass es jetzt eine viel stärkere Nachfrage gebe, als Kita- und Krippenplätze real geplant gewesen seien.
Wehrmann wünscht sich eine kostenfreie Erzieher-Ausbildung. Dazu komme die Schwierigkeit, dass es in der Ausbildung keine Verdienstmöglichkeit gebe, kritisierte die Politikberaterin auf epd-Nachfrage. Sie bremst aber, was den Ruf nach Quereinsteigern angeht. Auch sie müssten erzieherische Kompetenz erwerben: «In der Medizin käme keiner auf die Idee, nicht ausgebildetes Personal einen Blinddarm rausnehmen zu lassen.»
Auch an der Bezahlung müsse etwas geändert werden, weil sie in eine Sackgasse führe. «Es gibt kaum Aufstiegschancen und nur selten Leistungszulagen.» Die Kita sei die erste Stufe des Bildungssystems, auf die dann alles aufbaue. Was in den ersten sechs Jahren versäumt werde, könne nur selten wieder gutgemacht werden. Wehrmann kritisierte: «Bei uns gilt noch immer die Philosophie: Je kleiner die Kinder, desto schlechter die Ausbildung und desto billiger die Betreuung.»
Überdies sei die Betreuung in den Kindertagesstätten bundesweit noch immer extrem uneinheitlich. «Es ist nach wie vor so, dass die Finanzkraft einer Kommune und das Familienbild eines Bürgermeisters darüber entscheiden, welches Angebot qualitativ und quantitativ vorgehalten wird.»
Die Bertelsmann Stiftung hatte im vergangenen Jahr in einer Studie Zahlen für einen qualitätssichernden Personalschlüssel errechnet. Demnach sollten in Krippengruppen eine Fachkraft auf drei Kinder arbeiten. Im Kindergarten setzt die Stiftung ein Verhältnis von 1 zu 7,5 an. Für einen kindgerechten Personalschlüssel müssten den Berechnungen zufolge zusätzlich 107.200 vollzeitbeschäftigte Fachkräfte gewonnen und weitere 4,9 Milliarden Euro jährlich bereitgestellt werden.
Source: Kirche-Oldenburg