Die norddeutschen Bundesländer wollen den Reformationstag zum Feiertag machen. Die Arbeitgeber wehren sich – und drohen mit einer fast vergessenen Regelung, wonach die Pflegebeiträge für Arbeitnehmer steigen müssten. Ob das so kommt, ist offen.
Hannover/Berlin (epd). Die Arbeitgeber wehren sich weiter gegen das Vorhaben der norddeutschen Bundesländer, den Reformationstag (31. Oktober) zum gesetzlichen Feiertag zu erklären. Deutschland liege mit seinen bezahlten arbeitsfreien Tagen in Europa bereits an der Spitze, erklärte die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) am Dienstag in Berlin. Ein zusätzlicher Feiertag erhöhe die Lohnzusatzkosten weiter.
Sollte es dazu kommen, müssten die Arbeitnehmer höhere Beiträge zur Pflegeversicherung zahlen, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter der «Bild»-Zeitung (Dienstag). Er forderte die Regierungen der norddeutschen Bundesländer auf, zu klären, «dass es den Zusatz-Feiertag nicht zum Nulltarif gibt». Laut «Bild»-Zeitung müssten Arbeitnehmer bis zu 265,50 Euro mehr für die Pflegeversicherung zahlen. Bei dem für 2017 statistisch ermittelten Durchschnittseinkommen von 3.771 Euro brutto betrüge die Mehrbelastung knapp 230 Euro im Jahr. Der DGB sprach von «abenteuerlichen» Schlussfolgerungen und «Tricks» der Arbeitgeber.
Das Bundesgesundheitsministerium erklärte zu dem Streit um den zusätzlichen Feiertag im Norden, Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) werde die Länder um Erläuterung bitten, wie sie angesichts der Rechtslage mit den Folgen umgehen wollen. Mit einem zusätzlichen Feiertag erhöhten sie «einseitig die Arbeitskosten für die Wirtschaft in ihrem Land», erklärte eine Sprecherin auf Nachfrage.
Die Arbeitgeber berufen sich auf das Pflegeversicherungsgesetz, wonach die Arbeitnehmer in Sachsen mit einem um 0,5 Prozentpunkte höheren Pflegeversicherungsbeitrag dafür aufkommen, dass in dem ostdeutschen Bundesland der Buß- und Bettag weiterhin ein Feiertag ist. Dieser war mit der Einführung der Pflegeversicherung Mitte der 90er Jahren bundesweit abgeschafft worden, um die Einbußen der Arbeitgeber durch die damals neuen und zusätzlichen Beiträge zur Pflegeversicherung zu kompensieren.
Die BDA argumentiert nun, neue Feiertage müssten nach diesem Gesetz umgekehrt dazu führen, dass Arbeitnehmer einseitig den um 0,5 Prozentpunkte höheren Pflegeversicherungsbeitrag zahlen. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach erklärte hingegen, die Beschäftigten hätten ihr Finanzierungs-Sonderopfer für die Pflegeversicherung erbracht. Die Arbeitgeber seien dauerhaft entlastet worden: «Daraus zu schließen, bei Einführung eines neuen gesetzlichen landesweiten Feiertages wären automatisch die Pflegeversicherungsbeiträge für Beschäftigte zu erhöhen, ist abenteuerlich», sagte Buntenbach dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die BDA schüre Panik, wo es nichts zu schüren gebe.
Das niedersächsische Innenministerium weist das Ansinnen der Arbeitgeberverbände ebenfalls zurück. Einen Automatismus zur Beitragserhöhung gebe es nicht, erklärte es auf eine Anfrage der FDP-Fraktion. Im niedersächsischen Gesetzentwurf heißt es, ein neuer gesetzlicher Feiertag führe nicht dazu, dass die Pflegebeiträge für Arbeitnehmer steigen und dafür die Arbeitgeberbeiträge sinken. Dies gelte auch für den Reformationstag.
Die Ministerpräsidenten der norddeutschen Länder Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein hatten sich Anfang Februar auf eine gemeinsame Linie zur Einführung des Reformationstags als neuem Feiertag verständigt. Schleswig- Holstein und Hamburg haben den 31. Oktober bereits zum gesetzlichen Feiertag erklärt. In Niedersachsen, wo das Thema kontrovers diskutiert wird, muss der Landtag noch über den Gesetzentwurf der schwarz-roten Koalition abstimmen. In Bremen hat sich die Bürgerschaft in erster Lesung ebenfalls für den Reformationstag als Feiertag ausgesprochen. Das Parlament des kleinsten Bundeslandes will aber abwarten, wie Niedersachsen entscheidet, bevor es sich endgültig festlegt.
Der Reformationstag, mit dem an den Thesenanschlag Martin Luthers in Wittenberg erinnert wird, ist bereits in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Thüringen und Sachsen ein arbeitsfreier Feiertag. 2017 war der 31. Oktober aus Anlass des 500. Reformationsjubiläums einmalig bundesweit ein Feiertag.
Source: Kirche-Oldenburg