Die Ev.-luth. Kirchengemeinde Varel zeigt in einer Ausstellung 13 Zeichnungen des renommierten Künstlers Markus Lüpertz zu Ludwig Münstermann vom 17. März bis 7. April im Chorraum der Schlosskirche St. Petri zu Varel. 400 Jahre Kunstgeschichte überbrückend, nimmt mit Markus Lüpertz einer der bedeutendsten Künstler und Bildhauer der Gegenwart die manieristische Kunst Ludwig Münstermanns aufregend neu in den Blick. Gezeigt werden Zeichnungen von Markus Lüpertz zum Vareler Apoll, den Ludwig Münstermann 1615 für den damaligen Orgelprospekt der Schlosskirche schuf. Die Ausstellung ist ein Vareler Beitrag zum Gedenkjahr der Reformation.
Einst stand der Musengott Apoll im musikalischen Wettstreit mit dem biblischen König David am Orgelprospekt der Vareler Pfarrkirche. Münstermann schuf ihn 1615. Doch Prospekt und Orgel gingen Mitte des 19. Jahrhunderts bis auf wenige Reste verloren. Einzig Apoll wird in der Skulpturensammlung des Berliner Bode-Museums bewahrt. Dort näherte sich Lüpertz der Kunst Münstermanns, löste Formen, erdachte Kompositionen und schuf in seiner evozierenden Betrachtungsweise neue zeichnerische Ansichten einer alten extravagant-anmutigen Skulptur.
Dreizehn seiner Zeichnungen zeigt die Ev.-luth. Kirchengemeinde Varel nun am Ursprungsort des Apoll. So kehrt die Figur im zeitgenössischen Gewand der Zeichnung nach Varel zurück. Allein, und doch erinnernd an seinen musikalischen Mitstreiter.
„Nichts Neues“ so der Titel des Katalogs aus Berlin. Und doch ist alles anders. Heute treten Lüpertz‘ Sichtweisen im Kunstraum Münstermanns mit Altar, Kanzel und Taufe in direkte Korrespondenz zu der bewegten, lutherisch motivierten Kunst des frühen 17. Jahrhunderts im Oldenburger Land.
Die Ausstellung ist geöffnet vom 17. März bis 7. April, dienstags bis sonntags 15-19 Uhr im Chorraum der Schlosskirche St. Petri zu Varel, Schlossplatz 3.
Die Vernissage findet statt am Freitag, 17. März, um 17 Uhr in der Schlosskirche St. Petri zu Varel.
Programm der Vernissage
– Begrüßung: Pfr. Tom O. Brok, Varel
– Geistliches Wort: Bischof Jan Janssen, Oldenburg
– Choral
– „Ludwig Münstermann inspiriert Markus Lüpertz“, Dr. Dietmar J. Ponert, Berlin
– Apoll und David. Improvisation, Kantor Thomas Meyer-Bauer und Kantorin Dorothee Bauer, Varel
– „Markus Lüpertz und die mythologischen Figuren“, Dr. Jutta Moster-Hoos, Leiterin des Horst-Janssen-Museums, Oldenburg
Weitere Informationen
Im Jahre 1615 schuf Ludwig Münstermann einen Orgelprospekt für die Kirche in Varel, der im Gesamtensemble von Altar, Kanzel, Taufe und Grafenstuhl sehr eindrücklich und figural reich gestaltet gewesen sein muss. Die ehemalige Orgel und der Münstermann-Prospekt gingen leider Mitte des 19. Jahrhunderts verloren. Neben zwei Wappen tragenden Löwen in Varel hat sich in der Skulpturensammlung der Staatlichen Museen Berlin (Bode-Museum) einzig die Figur des Musengottes Apoll erhalten. Dieser „Apoll von Varel“ entspricht mit seinem extrem überlängten Körper und seiner in sich gedrehten Haltung, den Gestaltungskriterien der figura serpentinata, die die manieristische Kunst Ludwig Münstermanns auszeichnet. Ursprünglich hielt Apoll das Attribut des griechischen Gottes, die Leier. Er stand einst im musikalischen Wettstreit mit dem biblischen König David. Am Orgelprospekt verbildlichte Münstermann die Wirkung der Kirchenmusik im Gegenüber dieser beiden Protagonisten. Wenn David geistlich spielt und Apoll weltlich verzückt und entrückt zuhört. Münstermann setzte die Anliegen der Reformation ins Bild und unterstreicht so die Bedeutung der Kirchenmusik.
Der Maler und Bildhauer Markus Lüpertz näherte sich 2014 dem Apoll und schuf neue Ansichten einer alten Skulptur. Der „Berliner“ Lüpertz setzte 400 Jahre später die Kunst des „Oldenburgers“ Münstermanns nach seinen Empfindungen ins Bild. Die Zeichnungen waren bis Anfang 2016 unter dem provokanten Titel „Nichts Neues. Die Abstraktion hat noch nicht begonnen“ im Bode Museum ausgestellt. Seine Werke traten in direkten Dialog mit der Originalfigur.
Lüpertz ist Jahrgang 1941 und gehört zu den bedeutendsten zeitgenössischen Künstlern. Er gilt als Bewunderer der Kunst vergangener Jahrhunderte, besonders der antiken Themen und mythologischen Figuren und zeigt sich religiösen Themen aufgeschlossen. Dass er in den Dialog mit Münstermann tritt, ist eine glückliche Fügung – verbunden mit der herausfordernden und begeisternden Extravaganz der Figur des Vareler Apolls und dem Ort ihres Zusammentreffens in Berlin.
Source: Kirche-Oldenburg