Oldenburg/Hannover/Bremen (epd). Mit Besorgnis und dem Appell zum sozialen Zusammenhalt haben die evangelischen Kirchen in Niedersachsen und Bremen auf den Wahlerfolg der AfD bei der Bundestagswahl reagiert. Der oldenburgische Bischof Jan Janssen warb für einen "konstruktiven Schulterschluss" der Parteien zur Regierungsbildung. Das sei das Wichtigste, damit die Enttäuschung über die Politik nicht noch größer werde. Die Parteien müssten dafür sorgen, dass künftig nicht Hass und Hetze die nötigen Debatten bestimmten: "Polarisierung und Angst sind keine guten Ratgeber für eine Gesellschaft, die dringend das Auseinanderdriften zwischen Arm und Reich, zwischen längst Abgehängten und gut Situierten bearbeiten muss."
Mit der Wahl am Sonntag zieht die rechtsgerichtete AfD mit 12,6 Prozent der Zweitstimmen erstmals in den Bundestag ein. Im neuen Parlament wird sie drittstärkste Kraft sein. Die bisherigen Koalitionsparteien erlitten historische Niederlagen.
Der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover rief zur Wachsamkeit auf. Der Bundestag müsse sich nun auf bisher unbekannte Auseinandersetzungen einstellen, sagte er. "Die Kirchen sind an der Seite aller Mitglieder des Parlaments, die sich jeder rassistischen und antisemitischen Haltung entgegenstellen und sich darin zu unserer Geschichte und unserer demokratischen Kultur verpflichten."
Der braunschweigische Landesbischof Christoph Meyns ermutigte die Politiker, sich noch stärker als bisher um die Lösung der sozialen Probleme in Deutschland zu bemühen. "Es ist die beste Werbung für die Demokratie, wenn die Menschen erleben, dass die Politik die Probleme unserer Zeit lösen kann", sagte er. Konkret nannte Meyns Themen wie den Kampf gegen die Kinder- und Altersarmut, die Unterstützung für Alleinerziehende und den Klimaschutz. Nicht zuletzt müssten weitere Anstrengungen bei der Integration von Flüchtlingen folgen.
Der leitende Theologe der Bremischen Evangelischen Kirche, Renke Brahms, sieht in dem Wahlergebnis einen Ausdruck dafür, dass die Gesellschaft auseinanderdriftet. Er wünsche sich von den anderen Parteien im künftigen Bundestag eine vernünftige Politik, um die Spaltung zu überwinden und die Demokratie zu stabilisieren, sagte Brahms: "Wir müssen Ernst machen mit sozialer Gerechtigkeit."
Der evangelisch-reformierte Kirchenpräsident Martin Heimbucher betonte, im neuen Bundestag müssten sich alle an die Spielregeln der rechtsstaatlichen Demokratie halten und die Würde aller Menschen achten. "Wer sie verletzt, muss weiterhin mit unserem Widerstand rechnen." Es könne aber auch ein Gewinn sein, wenn die politische Auseinandersetzung im Parlament künftig noch vielfältiger, lebendiger und kräftiger werde, sagte Heimbucher. "Der Konflikt der Interessen ist der Normalfall unserer politischen Kultur. Demokratie braucht Streit."
Source: Kirche-Oldenburg