Bückeburg (epd). Der schaumburg-lippische Landesbischof Karl-Hinrich Manzke hat zu einer schonungslosen Aufarbeitung der Fälle von sexuellem Missbrauch auch in der evangelischen Kirche aufgerufen. Die in der katholischen Kirche aufgedeckten Missbrauchsfälle stellten «insgesamt für die verfasste Kirche eine Katastrophe» dar, sagte Manzke am Wochenende vor der evangelischen Synode in Bückeburg. «Dass in einer Kirche, die junge Menschen stärken will, Kinder, Frauen und Männer zum Opfer durch Mitarbeit der Kirche geworden sind, ist kaum zu ertragen.»
Nur durch eine ungeschminkte Aufarbeitung könne die Kirche Vertrauen und Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Dabei müsse auch die evangelische Kirche ihre Strukturen durchleuchten, sagte Manzke in seinem Bischofsbericht vor dem Kirchenparlament. Aus den evangelischen Kirchen in Niedersachsen sind bisher insgesamt 107 Fälle von sexualisierter Gewalt seit 1950 bekannt. 95 davon ereigneten sich in Heimen der Diakonie, zwölf in Kirchengemeinden.
In der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Schaumburg-Lippe sei bisher kein Fall von Missbrauch bekanntgeworden, sagte Manzke. Die Landeskirche hat 22 Gemeinden mit rund 52.000 Mitgliedern und gehört damit zu den kleinsten Landeskirchen in Deutschland. Dennoch werde sich Schaumburg-Lippe «ohne jede Einschränkung» an der Meldung und Aufarbeitung von Missbrauchsfällen beteiligen, betonte der Bischof. Dabei werde die Landeskirche «selbstverständlich und sofort» mit der Staatsanwaltschaft zusammenarbeiten.
Der Beauftragte der Landeskirche für mögliche Missbrauchsfälle, Pastor Lutz Gräber, kündigte an, er wolle die Prävention stärken. So werde von Mitarbeitern in der Jugendarbeit ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis verlangt. In Schulungen würden angehende Jugendleiter darauf vorbereitet, was zu tun ist, wenn es Anzeichen für sexuellen Missbrauch gebe.
Die Haushaltssituation der Landeskirche entwickele sich derzeit günstig, berichtete der Präsident des Landeskirchenamtes, Christian Frehrking. Die Kirche schloss das Jahr 2017 mit einem Plus von mehr als 800.000 Euro ab. Die Einnahmen lagen insgesamt bei 12,2 Millionen Euro, die Ausgaben bei 11,3 Millionen. Im vergangenen Jahr habe die Landeskirche 9,5 Millionen Euro an Kirchensteuern eingenommen, rund 400.00 Euro mehr als veranschlagt. Dies liege an den «Baby-Boomern, die gutes Geld verdienen», sagte Frehrking. Spätestens 2030 werde sich diese Situation jedoch grundlegend ändern.
Source: Kirche-Oldenburg