Bremen (epd). Der Bundesärztekammer ist bisher noch kein Fall von ärztlich assistiertem Suizid in Deutschland bekannt geworden. Die Kammer kriege in dieser Hinsicht «nur sehr wenige Meldungen», sagte ihr Präsident Frank Ulrich Montgomery am Sonnabend bei einer Podiumsdiskussion zum Abschluss des 9. Bremer Kongresses für Palliativmedizin. «Und wir haben bei den wenigen Meldungen immer mit den Ärzten geredet und es war nie ein assistierter Suizid.» Nie habe die Tötung im Vordergrund gestanden, sondern immer die Linderung des Leids.

Die Ärzteschaft hatte 2011 in ihrer Berufsordnung beschlossen, Ärzte «dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten». Die Mediziner gehen damit in ihrem Berufsrecht weiter als der Gesetzgeber. Denn bestraft wird die mögliche Beihilfe eines Arztes nicht, da der Suizid selbst nicht strafbar ist. Einige der 17 Landesärztekammern haben die von der Bundesärztekammer vorgegebene Formulierung nicht übernommen. Andere haben ältere Regelungen, die hinter dem Beschluss von 2011 zurückbleiben.

Während der Podiumsdiskussion in Bremen betonte Montgomery, von einem «Flickenteppich» in den ärztlichen Berufsordnungen könne trotzdem keine Rede sein. Unterschiedliche Formulierungen seien zwar ein Problem, inhaltlich seien sich die Landesärztekammern aber einig. Den Ärzten in dieser Hinsicht eine gespaltene Position vorzuwerfen, sei deshalb «schlicht Unsinn». Wer einem Patienten einen Giftcocktail mische und dann den Raum verlasse, handele «unärztlich».

Montgomery forderte den Gesetzgeber auf, die organisierte Sterbehilfe zu verbieten, sonst aber weder straf- noch zivilrechtlich neue Vorgaben zu machen. «Lasst es, wie es ist», forderte er die Bundestagsabgeordneten auf.

Der Bremer Palliativmediziner und Kongressleiter Hans-Joachim Willenbrink kritisierte das Verbot eines ärztlich assistierten Suizids durch die Bundesärztekammer und fragte Montgomery: «Mit welchem Recht schwingen Sie diese rechtliche Keule über uns Ärzte?» Willenbrink plädierte dafür, die Entscheidung für oder gegen ärztliche Hilfe beim Suizid dem behandelnden Mediziner zu überlassen. Durch die Regelung der Bundesärztekammer können Ärzte in Deutschland theoretisch ihre Approbation verlieren, wenn sie einem Patienten beim Suizid helfen.

Der niederländische Journalist Gerbert van Loenen (Amsterdam) äußerte sich vor der Debatte in einem Impulsvortrag kritisch zur liberalen gesetzlichen Regelung der Sterbehilfe in seiner Heimat. Er sagte, Holland habe das alte Gebot «Du sollst nicht töten» aufgegeben, aber noch keine neue Grenze gefunden. Zur aktuellen Debatte über eine gesetzliche Regelung der Sterbehilfe in Deutschland sagte der Publizist: «Man muss von vornherein wissen, wie weit man gehen will.»

Buchhinweis: Gerbert van Loenen, «Das ist doch kein Leben mehr! Warum aktive Sterbehilfe zu Fremdbestimmung führt», Mabuse-Verlag Frankfurt/Main 2014, 250 Seiten, 19,90 Euro

Internet: www.palliativkongress-bremen.de

Source: Kirche-Oldenburg