Das graue Klebeband an der Mauer rechts neben dem bereits vorhandenen Hintereingang zur Stadtkirche in Delmenhorst deutete den künftigen inklusiven Zugang zur Grafengruft unterhalb des Altarraums an. Sogar eine Türklinke war symbolisiert. Gleichwohl wird es noch etwas dauern, bis mit den tatsächlichen Arbeiten begonnen werde, wie Thomas Meyer, Pfarrer der Stadtkirchengemeinde, in einer Vorstellung im Beisein von Bischof Thomas Adomeit und Delmenhorst Oberbürgermeister (OB) Axel Jahnz neben Vertreterinnen und Vertretern aller in das Vorhaben einbezogenen Institutionen erklärte. Insofern konnte der Bischof den Hilti-Bohrhammer noch im Kofferraum lassen, wie es in der Runde humorvoll zur Begrüßung hieß. Die gute Nachricht schickte Pfarrer Meyer bei der Präsentation des gemeinschaftlichen Vorhabens aber auch gleich hinterher. „Wir rechnen noch in diesem Jahr mit der Fertigstellung“, sagte er. „Jetzt können wir sagen, es geht los.“
   
Das alles in wohl durchdachten Bahnen von der Finanzierung bis zur Ausführungsreife seinen Lauf nehmen konnte, hatten Bischof Adomeit und OB Jahnz per Handschlag während eines Gespräches im Oldenburger Oberkirchenrat besiegelt. Dem setzte die öffentliche Vorstellung des Projektes am Gründonnerstagvormittag das I-Tüpfelchen einer langen Planungs- und Initiativphase auf, denn erste Anregungen kamen schon 2012 bei Kirchenführungen, Veranstaltungen und verschiedenen Besuchen auf den Tisch.
   
Der Treppenabgang zur Grafengruft wurde von Besuchenden oftmals als „unwürdig “ und „provinziell“ bezeichnet. Nicht nur von Kirchenseite, sondern auch von Seiten der Stadt wurde das historische Pfund einer historischen Gruft mitten in der Delmestadt erkannt. Der Heimatverein war ebenfalls mit im Boot. Stadtkirchengemeinde und der Heimatverein zogen überall die Jahre intensiv an den Strängen für eine Umsetzung. Davon konnte auch Bürgermeister Enno Konukiewitz als Zeitzeuge berichten.
   
2015 kam Architekt Ejnar Tonndorf mit ins Spiel. Er plante auch den Umbau- bzw. Sanierung der Stadtkirche, die 2017 zum Reformationsjubiläum fertiggestellt worden war. Seit 2019 half der Architekt die Pläne für eine Umsetzung rund um die Grafengruft auszuarbeiten.
   
„Die Geschichte unserer Stadt ist, was die Grafen betrifft, mit Oldenburg eng verbunden“, sagte OB Jahnz. Dazu würden auch die Graft-Anlagen als kulturhistorische und heutige  Grünoase gehören. Deshalb sei es nur gut gewesen, sich mit der oldenburgischen Kirche abzustimmen. „Das war wichtig, denn es bedarf vieler Mitspieler und Arbeit zum Gelingen“, hob auch Bischof Adomeit hervor.
   
Dazu gehörte vor allem die Finanzierung des Projektes mit einer Gesamt-Investitionssumme von rund 175.000 Euro. Von der Stadt kommen 80.000 Euro in das Projekt. 25.000 Euro stellt die Kirchenbaustiftung der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg zur Verfügung, 40.000 Euro noch einmal die Aktion Mensch, da der Zugang inklusiv gestaltet wird und gleich von Anfang lagen von der VR-Stiftung eine Zusage von 5.400 Euro und noch einmal 2.500 Euro aus der Bernd und Bärbel Tönjes Stiftung Delmenhorst vor. Aus Führungen und Veranstaltungen sowie dem Freiwilligen Ortskirchgeld fließen die restlichen 20.000 Euro in die Baumaßnahme. Das konnte auch Christoph Schmidt-Rhaesa, zuständig für Kirchenbau, Kunst und Denkmalpflege, bestätigen. Er erinnerte in einem Kurzvortrag an die historische Bedeutung. So handle es sich um die zweite Gruft an dieser Stelle, die kurz vor dem 30-Jährigen-Krieg entstanden sei. In Letzterer wurden die vier Grafenfamilienmitglieder bestattet. Zeitweise geriet die Gruft in Vergessenheit. 1909 sei sie wieder aufgefunden und deren Bedeutung erkannt worden.
   
Insgesamt steht dahinter eine Gemeinschaftsaktion, die auch bei den Heimatvereinsvertretern mit Vorsitzendem Friedrich Hübner und Stellvertreterin Dr. Herta Hoffmann Zuspruch fand. Hübner: „Ein wunderbares Geschenk für die Stadt und die Menschen.“ Freude auch bei dem Ehepaar Heide und Horst Clausen aus Delmenhorst, die rege an Gottesdiensten und Veranstaltungen teilnehmen. Gefesselt an den Rollstuhl freut sich Horst Clausen besonders über einen Zugang zur Grafengruft, weil er eben auch für Menschen mit Handicap möglich sei.
   
Pfarrer Meyer zur räumlichen Gestaltung: „Wenn sich die Außentür öffnet, wird sich den Besuchern ein einladendes Bild zeigen.“ Es wird u.a. ein Lift vorhanden sein, außerdem ein zusätzlicher Ausstellungraum, von dem es in die eigentliche Gruft geht, wo die letzte Grafenfamilie bestattet wurde. Medial unterstützt, wird die Historie erfahrbar gemacht und damit auch die Wertigkeit erhöht.
   
Das macht neugierig. Vom Zeitablauf ist die Umsetzung für 2021 geplant. Nun muss das Baukirchendezernat der Landeskirchen noch grünes Licht geben, dann folgen die Ausschreibungen und die Arbeiten unter Architektenaufsicht.
   
Ein Beitrag von Peter Kratzmann

Kirche-Oldenburg
Delmenhorst: Grafengruft in Stadtkirche wird inklusiv erfahrbar