Beim niedersächsischen Landeserntedankfest hat Bischof Jan Janssen am Sonntag, 4. Oktober, in der St.-Matthäus-Kirche in Rodenkirchen dazu aufgerufen, ein Erntefest zu feiern, „das besonnen ist, das dem Danken das Teilen gleichstellt, das unser täglich Brot mit dem Brot für die Welt verbindet.“ Der Mangel derer, denen alles fehle, müsste die Menschen in Bewegung versetzen, wenn sie sich der Fülle dessen, was ihnen zur Verfügung stehe, bewusst würden. Auf Einladung der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen und der Land- und Ernährungswirtschaft in Niedersachsen fand zum zweiten Mal ein öffentliches, landesweites Erntedankfest statt.

In seiner Predigt (zu Matthäus 14,13-21) mahnte Bischof Jan Janssen, sich „auf das Elementare, das menschlich Grundlegende“ zu besinnen, das mehr sein müsse als pure Romantik oder Realpolitik. Das Erntedankfest verbinde Tradition und Tagesthemen, führe Jung und Alt, Produzenten und Konsumenten zusammen, so der Oldenburger Bischof.

Beim Besuch von ehrenamtlichen Aktionen für Flüchtlinge habe ihn beeindruckt, wie „diese engagierten Ehrenamtlichen in Initiativen und Kirchengemeinden nun lernen – und hoffentlich damit auch unsere Gesellschaft wieder lernt, den elementaren Wert zu erkennen, was es heißt, Menschen handfest das Essen und das Trinken zu bringen, ihnen pragmatisch zu einem Dach über dem Kopf und zu einer neuen Sprache zu verhelfen.“ Es seien diese Ehrenamtlichen selbst, die davon berührt berichteten, was sie zum Hergeben ihrer Zeit und Kraft bewegt habe, das Elementare und Praktische zu tun.

Mit Blick auf den Predigttext sagte Bischof Jan Janssen, dass es in der biblischen Szene der Speisung der Fünftausend nur auf den ersten Blick um ein bisschen Proviant für den Augenblick gehe. „Wer weiter blickt, erkennt sofort die Symbolkraft der Szene für die große Frage nach dem Hunger der einen und nach dem Helfen der anderen.“ Seit Jahrhunderten werde diese Szene vor diesem Horizont und in diese beiden Richtungen verstanden: „Als Zumutung Jesu und als Zutrauen in die Kraft des Miteinanderteilens.“

„Wir besinnen uns, ökumenisch, miteinander, auch über manche Parteiungen hinweg auf das Elementare der Ernte – auf den fröhlichen Dank und auf den verantwortlichen Umgang!“, so Bischof Janssen. Das sei mehr als nur dekorativ. Es gehe auch um eine Würdigung dessen, was täglich gesät und geerntet, gehegt und gepflegt, produziert und transportiert werde. „Darum ist das Erntefest ein Augenblick des Dankes vor Gott und des Dankes an Menschen. Danke Ihnen, die in der Landwirtschaft eine Lebensaufgabe anpacken, und Danke Ihnen, die sich für einen möglichst schöpfungsgemäßen Umgang engagieren.“

Ausgerichtet wurde das niedersächsische Landeserntedankfest mit einem Festgottesdienst von der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg gemeinsam mit der Marketinggesellschaft der niedersächsischen Land- und Ernährungswirtschaft e. V. Motto des niedersächsischen Landeserntedankfestes war in diesem Jahr ein Wort aus dem Matthäus-Evangelium: „Gebt ihr ihnen zu essen!“ (Matthäus 6,37).

In ökumenischer Verbundenheit wirkte auch Weihbischof Heinrich Timmerevers vom Katholischen Offizialat in Vechta am Gottesdienst mit. Weihbischof Timmerevers betonte in seiner Begrüßung, dass das Jesuswort „Gebt ihr ihnen zu essen!“ zur Verantwortung gegenüber anderen aufrufe. Gerade die aktuelle Situation der vielen Flüchtlinge gebe dem Wort teilen eine ganz besondere Bedeutung.

Der niedersächsische Landwirtschaftsminister Christian Meyer forderte in seinem Grußwort, das Erntedankfest wieder neu zu entdecken. Dies gelte der Wertschätzung der Leistungen von Mensch, Tier und Pflanze. Es sei nicht zu akzeptieren, dass eine Gesellschaft auf das „Verramschen von Lebensmitteln“ setze. Als Beispiel nannte er den Milchpreis, der teilweise unter dem von Mineralwasser liege. Zur Lösung seien nachhaltige und langfristige Strategien nötig. Dass weltweit ein erheblicher Teil der Lebensmittelproduktion weggeworfen werde, sei angesichts des Welthungers nicht nur moralisch und ethisch verwerflich, sondern drücke auch den mangelnden Respekt gegenüber Landwirten und Tieren aus, so Meyer.

Der Festgottesdienst wurde musikalisch gestaltet vom Kantorenquintett Wesermarsch (Natalia Gvozdkova, Elisabeth und Gebhard von Hirschhausen, Johannes Kirchberg und Friederike Spangenberg) sowie den Posaunenchören aus Berne und Lemwerder unter Leitung von Kantorin Natalia Gvozdkova und Martin Brink. Der Landfrauenverein Rodenkirchen hatte die Kirche festlich geschmückt.

Hier finden Sie den vollen Wortlaut der Predigt von Bischof Jan Janssen.

14 Initiativen und Organisationen beim Landeserntedankfest
Nach dem festlichen Gottesdienst luden die Organisatoren zu einer begleitenden Ausstellung und zu einem Imbiss in der Hengsthalle am Rodenkircher Marktplatz ein. 14 Initiativen und Organisationen, davon viele aus der Region, stellen beispielhafte Aktionen und Ideen vor, die wichtige gesellschaftliche Fragen zur Zukunft der Land- und Ernährungswirtschaft behandeln.

So stellte die Niedersächsische Landjugend e.V., Regionalbüro Oldenburg, das Thema „Aktionen für das Land – Bleibeperspektiven“ vor. Dabei ging es um die Frage, wie das Leben und Arbeiten auf dem Land vor allem für junge Leute attraktiv bleiben kann. Der Kreislandvolkverband Wesermarsch präsentierte die Initiative „Transparenz schaffen – von der Ladentheke bis zum Erzeuger“.

Die Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg ist mit einem Mitmach-Quiz zum Themenfeld „Ernährung, Klimaschutz, Tierhaltung und Mitgeschöpflichkeit“ vertreten. Ziel der Aktion ist es, anzuregen, das eigene Konsumverhalten und die Wertschätzung von Lebensmitteln zu überdenken.

Im Beitrag der Arbeitsgemeinschaft Urlaub und Freizeit auf dem Land e. V. ging es um „Inklusion“ auf dem Dorf. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen stellte unter der Überschrift „Lebensmittel von HIER – Gut für Land und Leute“ ihre Aktivitäten zur regionalen Vermarktung von Lebensmitteln vor. Das Grünlandzentrum Niedersachsen/Bremen e. V. aus Ovelgönne zeigte ein Projekt, das zum Ziel hat, die für Norddeutschland typische Weidehaltung von Milchvieh für Landwirte auch künftig attraktiv zu machen.

Der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e. V. ging es darum, die Soja-Importe für die Tierernährung zu reduzieren. Sie stellte das Projekt „Eiweißfutter aus Niedersachsen“ vor. Eine denkbare Alternative für die menschliche Ernährung präsentierte die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. „Insekten als Lebensmittel“ hießt ihr Projekt. Für Mutige gab es Kostproben. An den kleinen Aktionsständen gab es zahlreiche interessante Gespräche und Diskussionen mit den Besucherinnen und Besuchern.

Weitere Informationen zum Landeserntedankfest finden sie im Internet unter: www.landeserntedankfest-niedersachsen.de 

Dort findet sich auch eine Liste aller Förderer aus der Land- und Ernährungswirtschaft.

Source: Kirche-Oldenburg