Wilhelmshaven (epd). Die wachsende Armut bedroht nach Ansicht von Diakonie-Präsident Ulrich Lilie den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Statt sich weiter über soziale Ungerechtigkeit zu empören, sollte die Politik den Betroffenen zuhören und dann handeln, sagte Lilie am Dienstag in Wilhelmshaven. So könne spezifische Hilfe dort ankommen, wo sie benötigt werde.

Als Beispiele nannte Lilie eine Grundsicherung für alle Kinder, um ihnen gleiche Startmöglichkeiten zu bieten. Außerdem müssten insbesondere Alleinerziehende besser unterstützt werden, etwa durch eine verlässliche und qualitativ gute Ganztagsbestreuung ihrer Kinder. Sonst drohe den Müttern die Armut im Alter. Lilie besuchte im Rahmen der bundesweiten Diakonie-Kampagne «unerhört» Vertreter aus Politik und Kirche in Wilhelmshaven, um sich über Projekte gegen Armut und Wohnungslosigkeit zu informieren.

Die Kampagne, die noch bis 2020 läuft, soll den Angaben zufolge diejenigen Menschen zu Wort kommen lassen, die häufig ungehört bleiben. Dazu zählten etwa Flüchtlinge, Obdachlose oder Hartz-IV-Empfänger. Die Diakonischen Werke machen bundesweit in Diskussionsforen auf sozialpolitische Brennpunkt-Themen aufmerksam. Der Präsident hat bislang während einer Sommerreise an Foren in Leipzig, Frankfurt und Stuttgart teilgenommen. Am Montag war er in Syke. Am Mittwoch wird er in Hamburg zu Gast sein.

Am Abend plädierte Lilie in einer «Rede für die Stadt» in der Christus- und Garnisonkirche dafür, die Chancen einer multikulturellen Gesellschaft zu nutzen. Durch den Zuzug von Menschen mit einem Migrationshintergrund verjüngten sich Städte wie Wilhelmshaven. Damit werde die Stadtgesellschaft reicher an Gebräuchen, Religionen, Weltanschauungen und kulturellem Wissen.

Dabei sei es wichtig, alle kommunalen Akteure wie Vereine, Kirchen, Moscheen, Synagogen, soziale Hilfswerke und das Quartiersmanagement einzubeziehen, sagte Lilie. Eine multikulturelle Gesellschaft müsse moderiert werden. In der Nachbarschaft entscheide sich die Qualität einer Gesellschaft, unterstrich der Diakonie-Präsident. Die Akteure müssten fragen, wie es den Alten, den Kindern und den Fremden gehe und danach handeln. Wer jedoch die Menschen sich selbst überlasse, dürfe sich nicht über Parallelgesellschaften wundern.

Source: Kirche-Oldenburg