Rieke und Johann sind im November für ihren Bundesfreiwilligendienst nach Wittenberg gezogen. Seitdem hat sich ihr Leben ganz schön verändert. Etwa fünf Kilometer von der Altstadt entfernt liegt das XXL-Gelände der KonfiCamps. Mehr als 12.000 Jugendliche werden in diesem Sommer hier zelten, über Glaubensthemen sprechen und die Reformation an ihrem Ausgangsort erleben.

Für Rieke Thormälen aus Brake und Johann-Hendrik Immel aus Varel ist das KonfiCamp ihr Einsatzort als Volunteers des Veranstaltervereins Reformationsjubiläum 2017. „Seit wir in Wittenberg angekommen sind, ist ultraviel passiert!“, sagt Rieke. „Allein der Aufbau des Camps bei durchgehender Hitze war eine krasse Erfahrung und hat uns als Team total zusammengeschweißt.“

Zunächst, erzählen die beiden, konnten sie sich den Alltag im KonfiCamp gar nicht vorstellen. Mittlerweile, nach den ersten vier Durchläufen, komme langsam Routine rein. Jeden Mittwoch reisen neue Konfirmanden aus allen Teilen Deutschlands an. Bis zu 1.500 Menschen – Jugendliche, ihre Teamer und Pfarrer – leben dann bis Sonntag zusammen auf dem Gelände.

Die WGs der insgesamt 220 Volunteers nahe der Innenstadt sind mit dem Rad in 20 Minuten zu erreichen, so können Rieke und Johann immer auch zuhause schlafen. Unter den Freiwilligen gehören die beiden Niedersachsen zur drittgrößten Ländergruppe nach den Volunteers aus Sachsen-Anhalt und denen aus dem Ausland.

Tagsüber organisieren sie Workshops, leiten Spiele oder Sportturniere auf der sogenannten ‚Plaza‘ im Zentrum des Camps. Für den inhaltlichen Input und das Zusammenhalten der Gruppen sind die Leiter aus den Heimatgemeinden der Konfis zuständig. Die Volunteers  kümmern sich um das Unterhaltungsprogramm. „Man merkt schon, wie organisiert eine Gemeinde ist und ob ein Hauptteamer seine Konfis im Griff hat“, erzählt Rieke. „Wir sind nicht dafür da, dass die Jugendlichen rechtzeitig schlafen gehen oder ihre Aufgaben ordentlich erledigen. Wir sind die, die Stimmung machen, aber das macht natürlich mehr Spaß mit einer Gruppe, die funktioniert.“

Eine große Rolle im Unterhaltungsprogramm nimmt die Musik ein. Morgens werden zusammen Poplieder gesungen, abends gibt es Live-Konzerte im Großveranstaltungszelt. Wenn Johann nicht gerade für das Bühnenteam moderiert, spielt er in einer der KonfiCamp-Bands Violine. „Wir haben uns im Dezember unter den Volunteers zusammengefunden und angefangen, bei Gottesdiensten in Wittenberg und in den Heimatkirchen zweier Bandkollegen aufzutreten“, sagt Johann. Als Name haben sich die acht jungen Musiker ‚Nicht aus Prag‘ ausgesucht. Johann erklärt: „Wir durften mit der Band zur Frankfurter Musikmesse fahren, haben aber allen erzählt, wir würden für eine Bierprobe nach Prag fahren.“ Das war natürlich ein Witz, aber viele hätten ihnen das mit der Pragreise abgenommen. Insider wie diesen gibt es mittlerweile zuhauf unter den Volunteers, erzählen die beiden.

„Anfangs hätte ich nicht gedacht, dass ich mich hier so wohlfühlen kann“, sagt Rieke. „Aber in den WGs sind wir wie eine Familie zusammengewachsen. Keiner wird ausgeschlossen und jeder so akzeptiert, wie er ist.“ Auch an dem Reformationssommer mitzuwirken, Teil eines so großen Events zu sein und in Wittenberg dauernd Bekannte auf der Straße zu treffen, gibt Rieke ein „gutes Gefühl“, sagt sie. Johann will besonders die Momente in Erinnerung behalten, in denen er am Donnerstagmorgen vor mehr als 1.000 neuen Gesichtern auf der Bühne steht und das Publikum noch gar nicht weiß, was gleich passiert. „Und trotzdem machen alle mit Freude mit!“, sagt er. „Besonders die Oldenburger und die Bremer haben so heftig Stimmung gemacht als sie da waren, dass sie auch andere Gruppen mitgezogen haben.“

Als Konfigruppen aus der Oldenburger Kirche ins Camp kamen, war das für Rieke und Johann wie ein Stück Nord-Heimat in der Heimat auf Zeit. „Ich vermisse den Norden total!“ sagt Rieke. „Und es war sehr bewegend als die Gruppen wieder gefahren sind.“ Für Johann war es ähnlich, „ein Abschiednehmen auf ungewisse Zeit.“

Noch ein paar Monate sind es bis der Reformationssommer und die KonfiCamps zu Ende gehen und die Bundesfreiwilligendienste der Volunteers auslaufen. „Vor kurzem ist meine Mitbewohnerin ausgezogen“, erzählt Rieke. „Da wurde mir bewusst, dass auch ich bald gehen muss.“ Für die meisten der Volunteers ist die nächste Station die Uni. Rieke möchte so nah wie möglich am Norden Erziehungswissenschaften studieren. Die Weiterbildungsangebote, die sie im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes besucht hat, haben das nochmal verfestigt: „Ein Seminar war zur Prävention sexueller Gewalt, was sehr wichtig ist für die Arbeit in einem Camp mit so vielen jungen Menschen. Ich könnte mir vorstellen, in diese Richtung zu gehen.“ Johann hat sich noch nicht entschieden, ob es Soziale Arbeit oder Religionspädagogik werden soll, in jedem Fall will er später mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu tun haben. Und was wird aus der Band? „Es sieht so aus, dass wir alle erst mal unsere eigenen Wege gehen“, sagt Johann. „Aber wir haben eine Instagramseite und einen Snapchat-Account, wo wir als Einheit bestehen bleiben.“

Christina Özlem Geisler
Source: Kirche-Oldenburg