Das war schon etwas Besonderes: Anfang Juli konnte Kreispfarrerin Geerken-Thomas fast alle Pfarrerinnen und Pfarrer, einen Diakon und eine Diakonin sowie eine Kirchenmusikerin und einen Kirchenmusiker des Kirchenkreises zu einer Klausurtagung im Pastoralkolleg Loccum begrüßen. Fünf Tage Auszeit von den alltäglichen Anforderungen. Fünf Tage, um einmal mit Zeit und in Ruhe intensiv über grundsätzliche Fragen hinter dem Gemeindealltag zu sprechen. Der Pfarrkonvent wurde dabei von einem Moderator und zwei Referenten unterstützt.
   
Thomas Hirsch-Hüffel, langjähriger Leiter des Gottesdienstinstitutes der Nordkirche, arbeitete mit dem Konvent über Geschichte, Gegenwart und Zukunft des evangelischen Gottesdienstes. Vorweg stellte er seine Einschätzung, dass Kirche in Deutschland gegenwärtig einen derart epochalen Umbruch erlebt, dass der nur mit der Reformation im 16. Jahrhundert zu vergleichen ist. Dieser Umbruch hat zur Folge, dass Vieles, was lange Zeit Gültigkeit besaß, nun Stück für Stück an Plausibilität verliert. Dazu gehört auch der Gottesdienst, der nach einer festen Ordnung und in der klassischen Sitzordnung einer Kirche gefeiert wird. Hirsch-Hüffel betonte, dass es in einer solchen Umbruchzeit nicht hilft, sich in „Geschichten von früher“ zu flüchten, in denen angeblich „alles viel besser“ gewesen ist. Vielmehr muss Kirche neu anfangen von den Menschen im Sozialraum her zu denken: Was brauchen sie? Und was können wir als christliche Gemeinden zum Gemeinwesen beitragen?
   
Der traditionelle Gottesdienst findet mittlerweile an vielen Orten nur geringen Zuspruch. Was nach Event und Besonderem klingt, wird dagegen oft gerne angenommen. Besondere Gottesdienste leben allerdings gerade davon, dass sie etwas Einmaliges bleiben. Andernfalls schleifen sie sich genauso ab und verlieren an Reiz. Trotzdem wurden wir ermutigt, Neues ausprobieren, aber auch Formen, die sich überlebt haben, zu verabschieden. Da die Zahl der Pfarrerinnen und Pfarrer in hohem Tempo abnimmt (im Kirchenkreis Wesermarsch ist die Zahl der Pfarrstellen alleine in den letzten beiden Jahren von 23 auf 17,5 – d.h. um 25 Prozent zurückgegangen), müssten Gemeinden und Pfarrpersonen darauf achten, die verbliebenen Kräfte sinnvoll und zukunftsorientiert einzusetzen.
   
Der zweite Schwerpunkt der Tagung lautete „Regiolokale Kirchenentwicklung“. Aufgrund des kontinuierlichen Rückgangs der Gemeindeglieder wird die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden in einer Region immer wichtiger. Hierzu referierte Heike Burkert von der Projektstelle für regiolokale Kirchenentwicklung. Ihrer These nach brauchen starke Gemeinden heute eine starke Region und genauso umgekehrt. Gemeinden müssten Schwerpunkte setzen, weil sie nicht mehr alles aufrecht erhalten können. Die Zeit der Gemeinde als „Vollsortimenter“ ist vorbei. Abschiede von Gruppen und lange Etabliertem sind schmerzlich. Umso wichtiger ist es, den Blick von den Verlusten hin zu dem zu lenken, was an Möglichkeiten in einer Gemeinde vorhanden ist.
   
Weil die Region für die Zukunft der kirchlichen Arbeit eine wichtige Rolle spielt, kamen die Hauptamtlichen auch in Loccum immer wieder zu einem Austausch innerhalb der drei Regionen des Kirchenkreises zusammen. Im letzten Jahr wurden diese drei Regionen neu aus der Taufe gehoben. In ihnen kommen die Pfarrerinnen, Diakoninnen und Kirchenmusikerinnen schon jetzt zu regelmäßigen Dienstbesprechungen zusammen. So lernen sie sich, ihre Arbeit und die Gemeinden besser kennen, Vertrauen kann wachsen und Absprachen werden getroffen.
   
Das Pastoralkolleg endete mit konkreten Ideen und Verabredungen: Unter anderem sollen für das nächste Jahr Tauffeste an besonderen Orten in den jeweiligen Regionen vorbereitet werden.
   
Dietmar Reumann-Claßen

Kirche-Oldenburg
Epochaler Umbruch