Berlin/Hannover (epd). Die evangelische Kirche hat die von den Innenministern beschlossenen Verschärfungen beim Kirchenasyl kritisiert. Die Erhöhung der sogenannten Überstellungsfrist von sechs auf 18 Monate bedeute eine sehr hohe Belastung für die Schutzsuchenden und die Kirchengemeinden, sagte der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Berlin, Martin Dutzmann, am Freitag dem epd. Er äußerte auch rechtliche Bedenken gegen die Verschärfung. Auch die Caritas in Niedersachsen kritisierte die Verschärfungen.
In der Folge würden Kirchengemeinden davor zurückschrecken, sich für ein Kirchenasyl einzusetzen, erklärte der Caritas-Landessekretär Thomas Uhlen in Hannover. Während des Kirchenasyls gebe es keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Prälat Felix Bernard vom Katholischen Büro in Niedersachsen betonte: «Wir sehen Kirchenasyl als Ultima Ratio in wenigen Einzelfällen.
Kirchenasyl bedeutet für die katholische Kirche einen Akt der Humanität, in besonderen Härtefällen denjenigen Personen Schutz zu gewähren, die von einer Abschiebung bedroht sind.»
Die Überstellungsfrist ist der Zeitraum, in dem ein Asylbewerber aus Deutschland in den nach der sogenannten Dublin-Verordnung eigentlich zuständigen europäischen Staat zurückgeschickt werden kann. Sie beträgt derzeit ein halbes Jahr. Wird der Antragsteller in dieser Zeit nicht zurückgeschickt, ist automatisch die Bundesrepublik für die Prüfung des Asylantrags zuständig. Durch das Kirchenasyl wird die Frist oftmals überschritten, was dem Staat seit langem ein Dorn im Auge ist.
Die Innenminister von Bund und Ländern haben auf ihrer Konferenz Anfang Juni in Quedlinburg deswegen Verschärfungen besiegelt. In dem erst später veröffentlichten Beschluss heißt es, dass die Frist für die mögliche Überstellung eines Asylbewerbers in ein anderes europäisches Land künftig von sechs auf 18 Monate erhöht wird, wenn bei der Meldung eines Kirchenasyls kein kirchlicher Ansprechpartner klar benannt ist, innerhalb eines Monats kein Dossier zu dem Fall eingeht oder der Antragsteller trotz nochmaliger Ablehnung durch das Bundesamt im Kirchenasyl bleibt.
«Für die Betroffenen heißt das, dass sie anderthalb Jahre extrem in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und auf Unterstützung angewiesen sind», sagte Dutzmann. Die Kirchengemeinden wiederum müssten Begleitung und Versorgung der Schutzsuchenden über einen viel längeren Zeitraum hinweg gewährleisten und Räume zur Verfügung stellen, die sie dann anderweitig nicht nutzen könnten. «Ob man dies für ein halbes oder anderthalb Jahre zu leisten hat, macht einen großen Unterschied», sagte er.
Rechtliche Bedenken äußerte Dutzmann, weil sich der Beschluss der Innenminister auf einen Passus in der Dublin-III-Verordnung beziehe, in dem es um eine Erhöhung der Überstellungsfrist für flüchtige Menschen geht. «Nach unserer Auffassung sind Menschen im Kirchenasyl keineswegs flüchtig: Wir informieren die Behörden unverzüglich, wo sich die Betroffenen aufhalten», sagte er.
Source: Kirche-Oldenburg