Die Kirchenlandschaft in Wilhelmshaven ist bunt und vielfältig, engagiert und aktiv. Die Kirchen in unserer Stadt leisten wichtige Arbeit: Sie geben Halt und schaffen Gemeinschaft, sie kümmern sich um Klein und Groß, um Jung und Alt. Kindergärten und Senioreneinrichtungen, Jugendtreffs und Singkreise, Angebote und Aktionen bereichern das städtische Leben. Ich freue mich sehr, dass wir in unserer Stadt jederzeit auf die Kirchengemeinden zählen können. Und ich freue mich noch mehr, dass ein Projekt im Rahmen dieses gemeindlichen Engagements heute durch den Gottesdienstpreis 2017 eine ganz besondere Ehre erfährt.

Die Christus- und Garnisonkirche ist nämlich genau eine dieser lebendigen Gemeinden, die sich in besonders herausragender Weise in das Leben unserer Stadt miteinbringt und sich damit für das Allgemeinwohl in Wilhelmshaven stark macht. Das Team um die beiden Pastoren Frank Morgenstern und Bernhard Busemann leistet wahrlich ausgezeichnete Arbeit, und das nicht erst mit der heutigen Auszeichnung.

Die Christus- und Garnisonkirche ist dabei in vielerlei Hinsicht ein besonderer Ort: Als ehemalige Garnisonkirche steht sie für die Geschichte unserer Stadt, die von zwei Weltkriegen voller schrecklicher Ereignisse, voller Gewalt und Gräueltaten und mit vielen Toten gezeichnet ist. Die Namen der Gefallenen an den Wänden des Kirchenschiffes sind mahnende Zeugen längst vergangener Tage. Statt die Geschichte zu verschweigen, wird sie an diesem Ort jedoch aktiv thematisiert. Und so wird dieser Ort zum Bindeglied zwischen Vergangenheit und Gegenwart.

Ausstellungen, Konzerte und Theateraufführungen sind auch für diejenigen, die nicht an Gott glauben und die sonntags nicht in den Gottesdienst kommen, Anlass, die Kirche aufzusuchen. Auch in dieser Beziehung ist die Gemeinde ein Bindeglied – und zwar ein Bindeglied zwischen Religion und Gesellschaft, ein Bindeglied zwischen Kultur und Glauben.

Die Christus- und Garnisonkirche ist Gotteshaus, Zufluchtsort, Erinnerungsstätte, Bildungseinrichtung, Anlaufpunkt, Kulturstätte, ein Ort der Trauer und der Freude, ein Ort des Innehaltens und Krafttankens, und sie ist Heimat für viele Wilhelmshavenerinnen und Wilhelmshavener.

Mit den Passionspunkten wird für die Gottesdienste bereits seit 17 Jahren das heimische Kirchenschiff verlassen. Die Gemeinde findet sich stattdessen an markanten, sogenannten wunden Punkten in der Stadt zusammen und lebt dort, wo Erzählens- und Erinnerungswertes zu finden ist, in der Gemeinschaft ihren Glauben.

Als Bindeglied zwischen der Geschichte und den Geschichten führen die Passionspunkte an Orte, die vielen bekannt, in ihrer Bedeutung aber unbekannt sind. Die Passionspunkte sind damit gleichzeitig Bindeglied zwischen Gestern und Heute, zwischen Bekanntem und Unbekanntem.

Die Stadt Wilhelmshaven öffnet für diese Gottesdienstreihe gerne Türen – sei es zu den Minenlagerhäusern, ins ehemalige Jadezentrum oder, wie heute, ins Rathaus. Das ist dem Engagement der beiden Pastoren und ihren engen persönlichen Kontakten ins Rathaus zu verdanken. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung haben nämlich schon so manchen Passionspunkt mitgestaltet – und das nicht in Ihrer Funktion als Amtsträger, sondern weil sie sich privat ins Gemeindeleben miteinbringen. Dass der Gottesdienstpreis heute also ausgerechnet hier im Rathaus an die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Wilhelmshaven verliehen wird, ehrt auch uns als Stadt in besonderer Weise.

(Grußwort von Oberbürgermeister Andreas Wagner, gehalten im Ratssaal des Rathauses Wilhelmshaven am 16. Juni 2017)