Hannover (epd). Der niedersächsische Hebammenverband hat die Landesregierung aufgefordert, an vier Hochschulen Hebammenstudiengänge zu schaffen. Möglichst umgehend sollten in Hannover, Göttingen-Hildesheim, Osnabrück und Oldenburg grundständige duale Studiengänge mit jeweils 40 Plätzen pro Jahr eingerichtet werden, sagte die Vorsitzende Veronika Bujny in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). «Wenn nicht bald etwas passiert, wandern noch mehr potenzielle Studienanfänger in die anderen Bundesländer ab und der Hebammenmangel in Niedersachsen wird noch dramatischer.»
In den vergangenen Wochen hatten mehrere Kliniken etwa in Hannover oder Gifhorn die Kreißsäle für eine gewissen Dauer schließen müssen, weil sie nicht genügend Hebammen hatten. In Osnabrück hat die Hebammenzentrale, die Hebammen zur Vor- und Nachsorge vermittelt, zum Jahresende aufgegeben. In Schleswig-Holstein, Hessen und Nordrhein-Westfalen existieren Bujny zufolge bereits Studiengänge. Bremen und Hamburg seien auf dem Weg.
Bereits seit 2013 sei auch in Niedersachsen klar, dass die Hebammenausbildung, die bislang in Schulen stattfinde, in die Hochschulen verlagert werden solle. Mit der Vorgängerregierung habe der Verband bereits ein Konzept erarbeitet, «das aber wieder in der Schublade verschwunden ist», bemängelte die Vorsitzende. Ein Runder Tisch mit den beteiligten Ministerien habe bislang keine konkreten Maßnahmen und Geldsummen vereinbart.
Seit Jahren bildeten die Schulen zu wenige Hebammen aus. Gleichzeitig arbeiteten viele Hebammen lieber in Teilzeit. Der Mangel führe zu unattraktiven und zum Teil unzumutbaren Arbeitsbedingungen in den Kliniken, aber auch in der Vor- und Nachsorge. Der Verdienst sei nicht angemessen. Viele Kolleginnen in den Kreißsälen hätten Sorge, dass ihnen unter dem großen Arbeits- und Zeitdruck Fehler unterliefen und gäben sogar ihren Beruf auf. «Nicht mal ein Stellenschlüssel von einer Vollzeit-Hebamme auf 100 Geburten im Jahr, der schon schlecht genug ist, kann noch aufrechterhalten werden.»
Vor Jahren hätten schon die unzumutbar hohen Haftpflichtprämien viele Kolleginnen zur Aufgabe gezwungen. Die Vorsitzende forderte, jetzt müssten Kliniken und Landesregierung alles daran setzen, die noch funktionierenden Geburtshilfe-Abteilungen zu unterstützen und möglicherweise über Prämien und bessere Bezahlungen Hebammen, die schon aufgegeben hätten, wieder zurückzuholen. Kommunen müssten Hebammenzentralen finanzieren. Die Strategie, sich auf wenige große Geburtshilfezentren zu konzentrieren, sollte aufgegeben werden. «Frauen wollen sich wohnortnah einen Geburtsort aussuchen können, wenn sie eine normale Geburt erwarten.»
Source: Kirche-Oldenburg