Kirchenpädagogin Sandra Bohlken hat alte CDs mitgebracht, eine ausgediente Schreibtischlampe, Kronkorken, sogar ein einzelnes Speichenrad. Gegenstände, die sonst im Müll oder auf dem Flohmarkt landen. Hier, in ihrem Workshop auf dem Kirchenältestentag, soll aus ihnen etwas Neues entstehen. Einen Augenblick zögern die Teilnehmer. Dann schnappt sich die erste einen Föhn, um CDs zu schmelzen. Die nächste Gemeindekirchenälteste greift nach einer Sprühdose und einer leeren Konserve. 30 Minuten lang wird geschraubt, gebohrt, geklebt. Und plötzlich stehen dort ein Notenhalter, eine bunte Dose für Schrauben oder ein Wunschbaum, an dem sich kleine Notizen befestigen lassen. „Wir haben dem Alten eine neue Chance gegeben“, erklärt Gemeindeberater Friedhelm Stemberg. Auch Gemeindehäuser, Kirchen, Kapellen seien irgendwann gebaut worden. Wurden eingerichtet und genutzt. Manches gefiele noch immer. Anderes müsse neu gedacht werden. Aber wie?

„Gemeinde bauen – Spielraum und Auftrag“ lautet der Titel des inzwischen zweiten Kirchenältestentags. Sandra Bohlkens und Friedhelm Stembergs Workshop ist an diesem Samstag nur einer von dreien. Olaf Ripke aus Hannover begibt sich mit den Anwesenden auf eine „geistliche Spurensuche“. Der Cloppenburger Pastor Wolfgang Kürschner stellt zwei Entscheidungsverfahren bei komplexen Aufgabenstellungen vor. Durch das heute Gelernte könne sie das Verhalten anderer Mitglieder des Gemeindekirchenrates, aber ebenso ihr eigenes künftig besser einschätzen, ist Waltraud Eichhorn überzeugt. Die Teilnehmerin aus Ahlhorn ist bereits seit rund einem Vierteljahrhundert Mitglied im Gemeindekirchenrat. „Da hat man schon viel erlebt“, erzählt sie. Aus Veranstaltungen wie diese nehme sie nach wie vor viel für sich und ihre Arbeit mit.

„Ich habe den Eindruck, dass die Leute aufmerksam dabei sind“, sagt Bernd Rüger, Leiter der Arbeitsstelle für Gemeindeberatung. Gemeinsam mit Referentin Birgit Jürgens und Teamassistentin Jutta Claaßen hat er die Kirchenältesten in das Haus Hohenböken in Ganderkesee eingeladen. 22 sind der Einladung gefolgt. Aus allen Kirchenkreisen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg ist jemand da: Oldenburg Stadt, Oldenburger Münsterland, Wesermarsch, Ammerland. Delmenhorst/Oldenburg Land, Friesland – Wilhelmshaven.

Als „wunderbaren Schatz“ bezeichnet Sabine Blütchen jene, die heute Kirche mitgestalten, sich den künftigen Aufgaben stellen wollen – ob Kirchenälteste oder andere Interessierte. Der Evangelisch-Lutherischen Kirche, macht die Synodenpräsidentin deutlich, stünden große Veränderungen und Herausforderungen bevor. Die Gesellschaft wird kleiner und älter. Junge Menschen wachsen meist kirchenfern auf. Dadurch schrumpfen auch die Gemeinden, Kirchensteuern und damit die finanziellen Mittel gehen zurück. Während sich Pfarrstellen auf dem Land zunehmend schwerer besetzen lassen, sieht sich die Kirche im städtischen Raum in Konkurrenz zu anderen Sinnanbietern. „Was behalten wir bei?“, fragt Sabine Blütchen angesichts dieser Entwicklungen. „Was lassen wir?“ Das seien keine neuen Fragen, betont die Synodenpräsidentin. Aber sie seien wieder aktuell.

Ulrike Cepin fährt mit gestärktem Rücken zurück nach Ohmstede in Oldenburg. Sie habe auf der Tagung viele Impulse erhalten, „um mutig bei der Stange zu bleiben.“ Durch die Gespräche mit Amtskollegen erkenne man, sagt sie, dass sich die Probleme aus dem eigenen Kirchenbezirk überall wiederfinden lassen. Auch Martin Frebel genießt die Begegnung mit anderen Kirchenältesten. „Hier trifft man Menschen, die teils aus ganz anderen Strukturen kommen“, sagt der Teilnehmer aus der Kirchengemeinde Oldenburg, Bezirk Christuskirche. Das mache den Austausch sehr spannend. Schön findet er, dass aus allen vier Bezirken der Kirchengemeinde Oldenburg Mitglieder angereist sind. Schmunzelnd fügt er hinzu: „Abgesprochen war das nicht.“

In den Pausen stecken die 22 Teilnehmer immer wieder die Köpfe zusammen. Fragen einander: „Wie ist das bei Euch?“ Sie erlebe kaum, dass mal jemand alleine steht, freut sich Jutta Claaßen. Die Teamassistentin ist zum ersten Mal dabei. Neun Monate, verrät sie, habe die Vorbereitung gedauert. Und schon jetzt laufen die ersten Überlegungen für den nächsten Termin in zwei Jahren.
Melanie Thiel de Gafenco
Source: Kirche-Oldenburg