„Wir stehen einander nicht nur mit aufrichtiger, menschlicher Hochachtung gegenüber, sondern danken Gott dafür, dass wir einander als Schwestern und Brüder begegnen können“, so lautet das Fazit von OKR i.R. Prof. Dr. Rolf Schäfer mit Blick 50 Jahre Oldenburger Ökumenische Gespräche. „In Dankbarkeit blicken wir heute zurück auf 50 Jahre Oldenburger Ökumenische Gespräche“, würdigte Schäfer in seinem Festvortrag am Samstag, 13. Februar, im Vechtaer Rathaus den ältesten ökumenischen Arbeitskreis auf Kirchenleitungsebene in der Bundesrepublik, der 1966 ins Leben gerufen worden war.

Zwar habe es zu Beginn der Gespräche drei Jahre benötigt, um das gegenseitige Vertrauen so weit zu vertiefen, dass die am Dialog Beteiligten in einem öffentlichen Gottesdienst miteinander beten konnten (1970), „doch sollten wir bedenken, dass 500 Jahre Trennung, Misstrauen und Schweigen in erstaunlich kurzer Zeit überwunden worden sind“, so Schäfer, der von 1971 bis 1994 selbst an den Gesprächen teilgenommen hatte. Von 1971 bis zu seiner Pensionierung 1994 war Schäfer theologisches Mitglied des Oberkirchenrats der oldenburgischen Kirche, seit 1981 zugleich Stellvertreter des Bischofs.

Dass Feindseligkeiten und Kämpfe zwischen evangelischer und katholischer Kirche dem Gespräch Platz gemacht hätten, sei ohne Zweifel dem II. Vatikanischen Konzil (1962-1965) zu verdanken, das mit seinem Ökumenismusdekret von 1964 dem Verhältnis der römisch-katholischen Kirche zu den andern Kirchen eine völlig neue Grundlage verschafft habe, so Schäfer. Noch im Februar 1965 habe der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) den Gliedkirchen empfohlen, eigene Katholika-Arbeitskreise zu bilden, um strittigen Themen nachzugehen. Wenige Tage später habe dann der Oldenburger Bischof Gerhard Jacobi an Bischof Joseph Höffner (Münster) geschrieben und zum Gespräch eingeladen. Nur eine Woche später sei der Brief von Bischof Höffner beantwortet und der Vorschlag begrüßt worden.

Am 8. Januar 1966 kam es dann zum ersten Oldenburger Ökumenischen Gespräch mit Vertretern beider Kirchen im Offizialat Vechta. Über 80 Mal hat dieses Treffen inzwischen stattgefunden, jahrzehntelang zweimal im Jahr, später im jährlichen Rhythmus.

In Folge dieses ersten Treffens wurden katholischerseits alle evangelischen Taufen als gültig anerkannt, die nach der „Ordnung der Kindertaufe“ bzw. der anerkannten Agende der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg gespendet worden waren. Bis dahin war im Oldenburger Münsterland die sogenannte Konditionaltaufe praktiziert worden. Beim Übertritt eines Glieds der evangelischen Kirche wurde die Rechtmäßigkeit einer gültigen Taufe bezweifelt und deshalb nachgetauft. Die seit 50 Jahren geltende zwischenkirchliche Vereinbarung zur Anerkennung der Taufe habe viel zur gegenseitigen Vertrauensbildung beigetragen, sagte Schäfer.

Was beim Sakrament der Taufe gelungen sei, habe aber beim Sakrament der Eucharistie oder des Abendmahls nicht vollendet werden können, betonte Schäfer. Trotz aller Bemühungen in den folgenden Jahren sei eine Einigung über das Wesen der Ordination – ein zentraler Aspekt im Blick einen Konsens – nicht zu erzielen gewesen.

Im Rahmen der Oldenburger Ökumenischen Gespräche seien über Jahre an den Vormittagen der Zusammenkünfte die klassischen theologischen Themen ausgelotet worden. An den Nachmittagen sei dazu übergegangen worden, sich die beiderseitigen konkreten Sorgen zu erzählen. „Dabei verschwiegen wir auch nicht, wie wir sie mit Erfolg oder auch erfolglos zu bewältigen suchten“, so Schäfer. In diesen Gesprächen sei es um die Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen gegangen wie auch um kirchensoziologische Umfragen über die Stabilität der Kirche, Friedensbewegung, Tod und Sterbehilfe, das Kruzifixurteil des Bundesverfassungsgerichtes und andere Themen. „Der Austausch über solche Fragen hatte nicht nur das Ergebnis, dass geteiltes Leid halbes Leid ist. Vielmehr bahnten sich an einzelnen Punkten Wege an, die in die Zukunft führten.“ Überall sei klar geworden: „Wenn wir Volkskirchen bleiben wollen, dann nur gemeinsam“, so Schäfer.

Als ein Beispiel benannte Schäfer den konfessionellen Religionsunterricht als ordentliches Lehrfach an allgemein- und berufsbildenden Schulen, der zu den schwierigsten Aufgaben im Bereich von Kirche und Gesellschaft gehöre. Hier habe sich der Schulterschluss von Offizialat und Oberkirchenrat bewährt, die gemeinsam zu jährlichen ökumenischen Konferenzen der evangelischen und katholischen Schulaufsichtsbeamten im Blockhaus Ahlhorn oder in der Heimvolkshochschule Stapelfeld eingeladen hätten. „Auf diesem Boden erwuchs dann die Möglichkeit des konfessionell-kooperativen Religionsunterrichts, der in der Grundschule und im berufsbildenden Schulwesen den Religionsunterricht erheblich erleichterten“, so Schäfer.

Ein zweites Praxisfeld, auf dem die Ökumene langsam, aber kontinuierlich gefördert werde, ist laut Schäfer die Feier ökumenischer Gottesdienst. Hierzu gehörten auch „die von niemand gezählten Taufen, Konfirmationen oder Erstkommunionen, Trauungen oder Beerdigungen, wobei es angesichts der Konfessionsmischung in den Familien ohne gemeinsames Hören und Beten gar nicht geht.“


Hier finden Sie den vollen Wortlaut des Festvortrags von OKR i.R. Prof. Dr. Rolf Schäfer im Format PDF.


Source: Kirche-Oldenburg