Hannover/Berlin (epd). Die Corona-Krise lehrt nach Auffassung der evangelischen Theologin Margot Käßmann, die Gegenwart mehr zu schätzen. «Corona-Zeiten machen keinen Spaß», schrieb die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in ihrer Kolumne für die «Bild am Sonntag». «Aber sie lehren uns, dass wir jetzt und hier leben und nicht erst irgendwann, wenn unsere Pläne vielleicht aufgehen», erklärte sie angesichts von verschobenen Familienfesten und abgesagten Reisen.
In der Pandemie könne nur noch unter Vorbehalt geplant werden: «Da sage ich einem jungen Paar: Klar taufe ich Ostern Ihr Kind – wenn es denn klappt», führte die frühere hannoversche Bischöfin als Beispiel an. Diese Einschränkungen hätten aber vielleicht auch etwas Positives. Bislang hätten viele Menschen gelebt, als sei alles planbar. «Ganz hinten in unserem Bewusstsein ahnten wir immer: Alles kann sich ganz schnell ändern. Ein Unfall, eine Krebsdiagnose, eine Firmenpleite – und nichts ist mehr, wie es war.»
Mit großen Ankündigungen sei man nun vorsichtiger geworden, schrieb die Theologin. «Wir haben gelernt, dass die Welt nicht zusammenbricht, wenn wir eine Reise nicht antreten können.» Dies bringe auch eine gewisse Gelassenheit mit sich, erklärte Käßmann und erinnerte an den Ausspruch des römischen Dichters Horaz: «Carpe diem» («Nutze den Tag»).
Kirche-Oldenburg
Käßmann: Corona-Krise wertet die Gegenwart auf