Die ersten Monate nach der Geburt können für Familien trotz aller Freude über den ersehnten Nachwuchs ganz schön stressig und chaotisch werden. Das Baby schreit, das Geschwisterkind fühlt sich vernachlässigt und der besorgte Vater hat keinen Urlaub mehr. Mit der Erfahrung, dass sich Mütter nach der Geburt oft mehr Unterstützung wünschen, wird „wellcome – praktische Hilfe nach der Geburt“ auch in Wilhelmshaven und Friesland immer wieder konfrontiert. Selbst die Mütter, die sich sehr gut vorbereitet haben, kommen schnell an ihre Grenzen, wenn sie keine familiäre Unterstützung haben. Im 14. Jahr gibt es deshalb „wellcome“ in Wilhelmshaven, seit knapp zehn Jahren auch in Friesland.
Wer in den ersten Monaten keine Hilfe hat, kann bei „wellcome“ anrufen und bekommt ganz unbürokratisch die Unterstützung durch eine ehrenamtliche Mitarbeiterin. Oft kommen die Ehrenamtlichen wie ein Engel in die Familie und helfen wie sonst Freundinnen, die Familie und Nachbarinnen. Chaos nach der Geburt erlebte auch Familie F. in Wilhelmshaven, als der erste Sohn geboren wurde. Das Wunschkind war da, die Mutter gesund, und doch kam alles anders als geplant. Die eigenen Eltern leben hunderte von Kilometern entfernt, der Ehemann ist monatelang auf See und Frau F. fühlte sich wie auf einem fremden Planeten. „Ich war total erschöpft und konnte mich nicht mehr über meinen so sehr herbeigesehnten kleinen Sohn freuen. Als die wellcome-Ehrenamtliche kam, konnte ich kaum glauben, wie gut mir, dem Kind und der ganzen Familie diese Hilfe tut. Eine wunderbare Erfahrung, die ich um nichts in der Welt missen möchte.”
„Mit dem Angebot von wellcome möchten wir dem Stress die Spitze nehmen und in dieser Übergangszeit Mütter entlasten“, sagt Sandra Pflugrad, Teamleiterin von wellcome in Wilhelmshaven. Das Ziel von wellcome ist es, zu verhindern, dass sich aus kleinen Krisen durch Überforderung später Vernachlässigung oder gar Gewalt entwickelt. Entspannte, gelassene und ausgeruhte Mütter sind bindungsfähiger und weniger anfällig für postnatale Depression.
Die Hilfe kann von allen Familien in Anspruch genommen werden. Sie dauert meist zwischen sechs Wochen und knapp einem Jahr. Während dieser Zeit kommt eine wellcome-Ehrenamtliche etwa zweimal pro Woche für zwei bis drei Stunden zur Familie nach Hause. Die Ehrenamtlichen wachen über den Schlaf des Babys während die Mutter sich ausruht, gehen mit dem Geschwisterkind auf den Spielplatz, begleiten die Zwillingsmutter zum Arzt oder stehen den Müttern einfach mit Rat und Tat zur Seite. Auch bei den gestressten Partnern und den eifersüchtigen Geschwisterkindern ist der Engel willkommen. Während des gesamten wellcome-Einsatzes werden die Ehrenamtlichen eng durch Teamleiterin Sandra Pflugrad begleitet. Sie koordiniert das wellcome-Team, sucht die Ehrenamtlichen aus und qualifiziert und begleitet sie. Organisatorisch angebunden ist wellcome hier in der Region an die Ev. Familien-Bildungsstätte Friesland-Wilhelmshaven als Träger.
Die Corona-Pandemie sorgte im Frühjahr lediglich für eine kurze Unterbrechung der Hilfe. Nach vier Wochen Zwangspause konnten die Ehrenamtlichen wieder loslegen, unter Einhaltung aller Regeln. Aktuell pausieren jedoch einige der Mitarbeiterinnen, weil sie zur Risikogruppe gehören. Die noch im Dienst sind, haben alle Hände voll zu tun. Derzeit wird so unter anderem eine Familie mit Drillingen und eine weitere mit Zwillingen unterstützt. „Die Zahl der Einsätze bei Familien mit Mehrlingsgeburten steigt“, sagt Sandra Pflugrad. Besondere Hilfe gibt es derzeit auch für eine Migrantenfamilie. Hier ist die Ehrenamtliche auch als Behördenbegleiterin aktiv. Die Familie wohnte monatelang in einer verschimmelten Wohnung der Adler Real Estate AG in Wilhelmshaven. Erst die Androhung einer Meldung an das örtliche Jugendamt sorgte dafür, dass Adler sich um die Schimmelbeseitigung kümmerte.
Bei einer anderen Familie wird nicht das Kind, sondern die Mutter betreut. Die junge Frau hat eine postnatale Depression. Eine wellcome-Ehrenamtliche, die zugleich Fachpädagogin ist, hält regelmäßig den Kontakt zu der Frau und hilft dabei, sie zu stabilisieren. In einer anderen Familie lebt ein Baby, dessen ältere Schwester nach einem Unfall behindert ist. Auch hier ergeben sich besondere Herausforderungen für die Ehrenamtliche.
In den letzten knapp 14 Jahren hat sich gezeigt: Die wellcome-Idee funktioniert. Die Ehrenamtlichen erfahren, dass sie etwas bewirken können und die Familie erhält eine individuelle, einfühlsame Unterstützung. Eine der derzeit 21 wellcome-Ehrenamtlichen beschreibt ihr Engagement so: „Ich habe so viel vom Leben geschenkt bekommen und wollte davon etwas zurückgeben. Als wellcome-Ehrenamtliche erfahre ich, wie mein Einsatz konkret hilft. wellcome macht mir Spaß und bereichert mein Leben.“
Insgesamt werden derzeit 11 Familien regelmäßig betreut. Trotz Corona läuft die Hilfe weiter. Um „wellcome“ noch mehr Familien anbieten zu können, werden dringend weitere Ehrenamtliche benötigt. Familien, die sich Unterstützung von „wellcome“ wünschen ebenso wie Menschen, die „wellcome“ ehrenamtlich oder auf andere Weise unterstützen wollen, können sich direkt bei wellcome-Teamleiterin Sandra Pflugrad melden.
Kontakt:
wellcome Friesland-Wilhelmshaven
Sandra Pflugrad
Feldmark 56 – 26389 Wilhelmshaven
Telefon: (04421) 758 680
friesland-wilhelmshaven@wellcome-online.de
www.wellcome-online.de
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