Hannover (epd). Der Besucheransturm hat alle Erwartungen übertroffen. Rund 120.000 Menschen drängten sich am Sonnabend in Hannover nach Veranstalterangaben bei einem "Fest für alle" der evangelischen Kirche durch die Altstadt. Anlass war das 500. Reformationsjubiläum in diesem Jahr. Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister lobte die lockere Fröhlichkeit der Angebote: Posaunenmusik am Historischen Museum, Plattdeutsch vor dem Ballhof-Theater und Thesenanschläge rund um die Marktkirche. Die Kirche präsentierte sich bunt, musikalisch und kreativ.

Es sei tatsächlich "Ein Fest für alle", da es keinen theologisch-protestantischen Schwerpunkt gebe, erläuterte der Bischof. "Auch unsere katholischen und muslimischen Freunde sind zu Gast." Rund um die Marktkirche informierten kirchliche Einrichtungen in weißen Pavillons über ihre Arbeit. Die Johanniter etwa präsentierten eine ihrer Rettungshundestaffeln. Die Friedensarbeit vom Haus kirchlicher Dienste zeigte eine "Crazy-Quilt", den rund 80 Beteiligte aus Fetzen einer Uniform und Botschaften zu Krieg und Frieden zusammengenäht hatten. Die Flughafenseelsorge, das diakonische Zahnmobil für Obdachlose und das Evangelische Flüchtlingsnetzwerk mit seiner fahrenden Fahrradwerkstatt waren ebenfalls vertreten.

Für besonderes Aufsehen sorgte Künstlerin Kerstin Schulz, die zum einen in der Marktkirche ein begehbares Zimmer aus 500.000 Bleistiften aufgebaut hatte. Zum anderen hatte sie das Luther-Denkmal vor der Kirche in lilafarbenes Geschenkpapier gehüllt. "Viele finden das ganz furchtbar, andere loben die Aktion", sagte sie. Am Stand der Evangelisch-reformierten Kirche konnten Besucher selbst gewählte Bibelverse per Hand aufschreiben. Die Seiten sollen später als "Neue Hannover Bibel" hochwertig eingebunden werden. Auf eigens aufgestellten Flächen konnten an vielen Orten individuelle Thesen angeschlagen werden. Auf einer großen Wand der Diakonie waren etwa Forderungen nach kostenloser Bildung für alle und nach mehr Investitionen in den Frieden zu lesen.

Zahlreiche Zuhörer verfolgten am Nachmittag verschiedene Podiumsdiskussionen, unter anderem mit dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. Er forderte mehr Qualitätsjournalismus: "Journalisten müssen das wirklich Wichtige aus der großen Flut von Informationen auswählen." Nachrichten über den weltweiten Hunger mit mehr als 20.000 Toten täglich spielten im Vergleich zu Klatschmeldungen etwa gar keine Rolle.

Die ehemalige Landesbischöfin Margot Käßmann, hatte das Fest eröffnet und an die Internationalität des Reformationsjubiläums erinnert. Es werde mit Christen aus Afrika, Asien, Nord- und Südamerika gefeiert, sagte die EKD-Reformationsbotschafterin. "Gerade in Zeiten, in denen Nationalismus neu wächst, ist das ein Zeichen: "Wir sind Geschwister im Glauben über nationale Grenzen hinweg und lassen uns nicht länger gegeneinander ausspielen."
  
Source: Kirche-Oldenburg