Leer (epd). Der Evangelisch-reformierte Kirchenpräsident Martin Heimbucher bedauert das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mittwoch, nach dem das Suizidhilfe-Verbot aufgehoben wird. Das Leben sei ein Geschenk Gottes, sagte er am Freitag in Leer. An seinem Anfang wie am Ende komme das «Selbstbestimmungsrecht» unvermeidlich an Grenzen. «Diese Eigenverfügbarkeit über mein Leben und Sterben zum Leitmotiv der rechtlichen Bewertung des assistierten Suizids zu machen, wie es im Urteil des Bundesverfassungsgerichts geschieht, geht an der Wirklichkeit vorbei.»

Heimbucher bewertet wie andere leitende Theologen die Karlsruher Entscheidung damit anders, als der hannoversche Landesbischof Ralf Meister. Meister hatte das Urteil begrüßt und dabei gesagt: «Es zeigt, dass die Würde des Menschen auch das Selbstbestimmungsrecht des Menschen beinhaltet.» Gleichwohl müsse die Kirche alles tun, dass eine solche Entscheidung nicht geschäftsmäßig wie ein Marktgeschehen organisiert werde.

Das Verfassungsgericht hatte am Mittwoch das Gesetz zum «Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung» gekippt. Das 2015 beschlossene Gesetz sei verfassungswidrig, weil es das allgemeine Persönlichkeitsrecht einschränke, urteilten die Karlsruher Richter.

Heimbucher kritisierte, die Verantwortung für eine angemessene Pflege und Begleitung leidender und sterbender Menschen sei hoch. Sie dürfe nicht dadurch vermindert werden, dass den Betroffenen die Last einer Entscheidung zum vermeintlich «sozialverträglichen Ableben» aufgebürdet werde. Nötig sei es vielmehr, das Sterben menschenwürdig zu gestalten und Schmerzen zu lindern, so wie es in den Hospizen und Palliativstationen geschehe. Es müsse in die palliativmedizinische Versorgung investiert werden.

Zugleich gebe es Grenzfälle, die wirklich ausweglos seien, räumte er ein. «In einem solchen Extremfall wird ein Nahestehender wohl auch dabei helfen, dass ein geliebter Mensch endlich sterben kann.» Solche Grenzfälle dürften aber nicht zu Normalfällen werden. Zudem dürften sie nicht sogenannten Sterbehilfe-Kliniken oder gar Organisationen, Vereinen oder Firmen überantwortet werden, die auf die Hilfe zum Suizid spezialisiert seien. «Die Legalisierung des assistierten Suizids fördert den fatalen Anschein seiner Normalität.»

Source: Kirche-Oldenburg