Die große Koalition in Berlin will die beitragsfreie Kita für alle. Rheinland-Pfalz, Hamburg und Berlin zählen zu den Vorreitern, zahlreiche Länder wollen bald folgen. Doch drei sträuben sich gegen die komplette Abschaffung der Elternbeiträge.

Hannover (epd). Immer mehr Kinder in Deutschland gehen gebührenfrei in die Kita. Berlin hat als erstes Bundesland zum neuen Kindergartenjahr die Elternbeiträge komplett abgeschafft, in Niedersachsen und Hessen werden ab sofort für Mädchen und Jungen ab drei Jahren keine Gebühren mehr fällig. Doch von einer flächendeckenden Gebührenfreiheit, wie sie im Koalitionsvertrag gefordert wird, ist Deutschland noch weit entfernt. So planen etwa Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen keine Abschaffung der Elternbeiträge. Kommunen und Träger sehen eine generelle Befreiung ohnehin skeptisch.

Die gesetzlichen Beitragsregelungen für Kitas unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland. In einigen Ländern ist die Festlegung der Gebühren Sache der Kommunen. Die Höhe schwankt laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung zwischen 30 und fast 400 Euro pro Monat. In vielen Ländern sind die Beiträge nach Einkommen der Eltern gestaffelt oder werden bei Bedarf von der Jugendhilfe übernommen.

Vorreiter auf dem Weg zur beitragsfreien Kita für alle ist Berlin. Hier entfielen zum 1. August auch die Gebühren für unter einjährige Kinder. In Hessen ist jetzt für Kinder ab drei Jahren das erste, zweite und dritte Kindergartenjahr für sechs Stunden am Tag gebührenfrei, in Niedersachsen gilt dies für bis zu acht Stunden täglich. Ein ähnliches Modell plant Bremen zum August 2019, ab 2020 soll dort vollständige Beitragsfreiheit gelten.

Die Kindergartengebühren hatte als erstes Bundesland Rheinland-Pfalz ab 2007 schrittweise abgeschafft. Seit 2010 ist dort der Besuch von öffentlich geförderten Kitas für alle Kinder ab zwei Jahren gebührenfrei. Hamburg folgte 2014: Hier haben Kinder von der Geburt bis zur Einschulung Anspruch auf beitragsfreie Betreuung bis zu fünf Stunden täglich.

In Brandenburg kostet seit dem 1. August das letzte Kindergartenjahr nichts mehr, was in Nordrhein-Westfalen bereits seit 2011 und in Thüringen seit Januar 2018 gilt. Langfristig sollen in allen drei Ländern die Elternbeiträge ganz wegfallen. Das planen auch Mecklenburg-Vorpommern ab 2020 sowie Schleswig-Holstein.

Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen wollen dagegen daran festhalten. Der Mehrheit der bayerischen Eltern sei Qualität wichtiger als kostenlose Kitas, sagte ein Sprecher des Sozialministeriums in München. Es gebe zudem keine Anzeichen dafür, dass Eltern sich Betreuungsplätze momentan nicht leisten könnten, die Betreuungsquote sei hoch. Bayern setze stattdessen auf das neue Familiengeld, das zum 1. September 2018 eingeführt wird.

Kommunalverbände äußerten sich kritisch über den Trend zur Beitragsfreiheit. Diese dürfe nicht das primäre Ziel sein, «sondern zuallererst ist an den Ausbau der Kapazitäten sowie der Qualität zu denken», sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, dem Evangelischen Pressedienst (epd). «Der politische Ansatz, selbst gut verdienende Eltern von den Kindergartengebühren zu befreien, ist falsch und auch nicht im Sinne der Eltern.

Auch der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, mahnte, unter der Beitragsbefreiung dürfe nicht die Betreuungsqualität und der nötige Ausbau der Plätze leiden. Die Diakonie als freier Träger erklärte, langfristig sollten Kitas wie Schulen kostenfrei sein. Aktuell gehe aber eine Abschaffung der Gebühren auf Kosten der Qualität, sagte Maria Loheide, Diakonie Vorstand Sozialpolitik, dem epd.

Ähnlich äußerte sich das Münchner ifo Institut für Wirtschaftsforschung. »Bevor nicht eine flächendeckende Betreuungsqualität gefördert und gesichert wird, braucht niemand eine ‘gebührenfreie Kita’ als gelungene Familienpolitik zu plakatieren", sagte Larissa Zierow vom ifo Zentrum für Bildungsökonomik.

Source: Kirche-Oldenburg