New York/Osnabrück (epd). Vertreter der Herero- und Nama-Völker in Namibia fordern von Deutschland Schadensersatz für den Genozid vor mehr als hundert Jahren. Die Nachfahren der Völkermord-Opfer reichten nach eigenen Angaben am Donnerstag (Ortszeit) vor einem Gericht in New York Klage ein. Nach einem entsprechenden Gesetz können in den USA Ansprüche von Ausländern geltend gemacht werden, auch wenn die Ereignisse nicht in den USA stattgefunden haben. Die Klage könnte nach Einschätzung des Historikers Jürgen Zimmerer weitreichende Folgen haben.

Bei Massakern an den Herero und Nama wurden zwischen 1904 und 1908 mehr als 100.000 Menschen getötet. Deutsch-Südwestafrika, das heutige Namibia, war damals eine deutsche Kolonie. Deutsche Truppen schlugen Aufstände der Herero und Nama nieder, errichteten Lager und setzten systematisch Vergewaltigung und Zwangsarbeit ein. Deutschland verhandelt mit der Regierung Namibias über eine Aufarbeitung der Verbrechen. Die Bundesregierung spricht selbst von "Völkermord". Individuelle Entschädigungen lehnt sie ab, denkt aber über einen Strukturfonds für die Nachfahren der Opfer nach.

Die Vertreter der beiden Volksgruppen wollen gerichtlich erreichen, an diesen Verhandlungen teilnehmen zu dürfen. Zudem fordern sie weiter eine finanzielle Wiedergutmachung, deren Höhe aber nicht genannt wird. "Die Antragsteller bringen diese Klage im Namen aller Herero und Nama ein, für den Schaden des Genozids und die Zwangsenteignungen durch deutsche Kolonialbeamte zwischen 1885 und 1909", heißt es in der Klageschrift. Die Volksgruppen verloren rund ein Viertel ihres Landes. Bis heute leben viele Herero und Nama in Armut.

Wenn die Klage Erfolg habe, könne sie Folgen für weitere Fälle aus der Kolonialzeit haben, sagte der Professor für die Geschichte Afrikas an der Universität Hamburg, Jürgen Zimmerer, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). So könnten Reparationsforderungen an Deutschland auch wegen Massakern während des Maji-Maji-Aufstands im heutigen Tansania gestellt werden, ebenso wegen Massakern und Strafaktionen in Togo, in Kamerun und in der Südsee. Auch zivile Opfer des Ersten Weltkriegs in Afrika könnten Anlass für Klagen und Verhandlungen werden.

Einem Gesetz zufolge können vor US-Gerichten unter bestimmten Umständen auch Verhandlungen über Ansprüche stattfinden, wenn die Kläger keine US-Bürger sind. Die Opfer-Vertreter berufen sich auf die UN-Erklärung über die Rechte Indigener Bevölkerungen, an die sich Deutschland und Namibia halten müssen.
Source: Kirche-Oldenburg