Hannover (epd). Nach anderthalb Jahren hat das Parlament der hannoverschen Landeskirche sich am Freitag mit knapper Mehrheit dafür entschieden, den im November 2021 auf den Weg gebrachten Zukunftsprozess vorzeitig zu beenden. Die Resonanz sei bis zuletzt weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben, obwohl sich der Beteiligungsprozess eigentlich an alle Kirchenmitglieder gerichtet habe, heißt es in einem der Synode vorgelegten Bericht des Koordinierungsrates. Für den Antrag, den Prozess «geordnet» zu beenden, stimmten am Freitag in Hannover 32 Mitglieder der evangelischen Landessynode. 28 waren dagegen, fünf enthielten sich.

 

Kirchensprecher Benjamin Simon-Hinkelmann kündigte an, dass innerhalb des Beteiligungsprozesses entstandene Initiativen fortgeführt und weiter begleitet werden sollen. Reformprozesse wie etwa zur Kirchenverwaltung oder zu kirchlichen Berufen sollen künftig deutlicher miteinander verzahnt werden. Dieses gelte auch für bereits laufende Reformprozesse und -projekte, die die Kirchenkreise, Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen gestartet haben.

 

Mit dem Zukunftsprozess wollte Deutschlands größte evangelische Landeskirche die Gemeindemitglieder bei der Gestaltung notwendiger Kirchenreformen einbinden. Der Vorsitzende des zentralen Landessynodalausschusses, Jörn Surborg, zeigte sich zufrieden mit dem Ergebnis. «Angesichts des Berichts blieb uns nichts anderes übrig», sagte er. Jetzt gehe es darum, andere bestehende Beteiligungsprozesse zu bündeln und die weiterführenden Potenziale und Ergebnisse des Zukunftsprozesses dabei einfließen zu lassen.

 

Der Entscheidung war eine lebhafte und kontroverse Debatte vorausgegangen. Viele Synodale sprachen sich dafür aus, den Prozess fortzusetzen. «Beendigung wäre das falsche Signal», sagte Ulf Thiele. Christine Lührs forderte: «Schaut, was die Gemeinden wollen. Das Geld soll nicht umsonst ausgegeben worden sein.»

 

Zuvor hatte Landesbischof Ralf Meister mit Blick auf laufende Erneuerungsprozesse in der Kirche vor einer Selbstüberforderung gewarnt. «Wir denken, alle sind hoch motiviert und haben genügend Ressourcen, sich über ihre örtlichen laufenden Prozesse hinaus noch zusätzlich an zentralen landeskirchlichen Reformprozessen zu beteiligen», sagte er laut Redemanuskript in seinem turnusgemäßen Bischofsbericht. Diese Erwartung sei womöglich zu hoch.

 

Neben großem Engagement beobachte er auch Erschöpfung angesichts vieler guter, aber letztlich gescheiterter Zukunftsideen, sagte Meister. Kirchliches Engagement dürfe nicht von einer «Last des Gelingens» geprägt sein. Stattdessen müsse es sich aus den individuellen Gaben und Möglichkeiten der Menschen vor Ort entwickeln. Nötig seien dabei Geduld und die Einsicht in die eigenen Grenzen. Zugleich betonte der Landesbischof, dass er überall in der Landeskirche ermutigende Aufbrüche und innovative Formen kirchlichen Lebens wahrnehme.

 

Ein weiterer Schwerpunkt in der Tagung war der Klimaschutz. Dazu legte das Landeskirchenamt den Kirchenparlamentariern den Entwurf für ein Kirchengesetz vor, das mehr Verbindlichkeit bringen soll. Die bisherigen Konzepte und Anreize auf freiwilliger Basis hätten trotz vieler Anstöße flächendeckend nicht zu den erwünschten Erfolgen geführt, sagte die Präsidentin des Landeskirchenamtes, Stephanie Springer. Sie mahnte: «Wir müssen mal in die Puschen kommen.»

 

Mit fast 8.000 Gebäuden, darunter Kirchen sowie Pfarr- und Gemeindehäuser, gehört die Landeskirche zu den größten Immobilien-Besitzern in Niedersachsen. In Zukunft soll unter anderem die Erzeugung von Strom durch Photovoltaik auf kirchlichen Dächern deutlich verstärkt werden. Auch der Austausch von Heizungsanlagen hin zu klimafreundlichen Wärmepumpen soll forciert werden.

Kirche-Oldenburg
Landeskirche ordnet ihre Zukunftsprozesse neu – Bischof lobt kirchliche Aufbrüche und warnt vor «Machbarkeitswahn»