In erfundenen Geschichten findet sich viel Lebensweisheit und deshalb betonte Bischof Jan Janssen beim Lesefest der Oldenburger Bibliotheken: „Lesen ist für mich eine Art Lebensmittel.“ Deshalb war es für den Oldenburger Bischof selbstverständlich, beim Lesefest entlang der Peterstraße selbst ein Buch vorzustellen. Er las aus Jenny Erpenbecks „Gehen, ging, gegangen“. Das Buch handelt von einem emeritierten Professor, der beginnt, sich für Flüchtlinge zu engagieren. Insgesamt hatten die Besucherinnen und Besucher die Chance, in 30-minütigen Lesungen in bis zu zehn verschiedene Bücher hineinzuschnuppern.

Mit dem Lesefest wollten die Veranstalter auf die Verleihung des Evangelischen Buchpreises aufmerksam machen, der am kommenden Mittwoch, 28. September, in der Stadt vergeben wird. Dann wird Bischof Jan Janssen den Preis in der St. Lamberti-Kirche an die Wiener Illustratorin und Autorin Helga Bansch verleihen. Sie erhält die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung für ihr Bilderbuch "Die Rabenrosa". Eine Jury hatte das Buch aus 99 Vorschlägen von Leserinnen und Lesern ausgewählt.

Auch die zehn Bücher, die beim Lesefest vorgestellt wurden, waren alle unter diesen 99 Vorschlägen und hatten es auf die Auswahlliste für den Preis geschafft. „Wir wollten auch diese Bücher würdigen und bekannt machen“, betonte die Leiterin der Landesbibliothek, Corinna Roeder, im Namen der Arbeitsgemeinschaft Oldenburger Bibliotheken.

Sie und Janssen freuten sich nach der ersten Lesung über das große Interesse an der Veranstaltung. „Es war ein Experiment und wir können sagen, es ist gelungen“, sagte Roeder mit Blick auf die 40 Zuhörerinnen und Zuhörer, die sich von Janssen aus Erpenbecks Roman vorlesen ließen. Der Bischof ließ das Buch selbst wirken und las zunächst vom Beginn des Buches und gab dann noch einen kurzen Einblick in den weiteren Verlauf. „Das Ende werde ich nicht verraten“, betonte er.

Parallel waren auch die anderen Lesungen entlang der Peterstraße gut besucht. „Ich mag das Konzept“, lobte Barbara Heinzerling. Die Leiterin der Evangelischen Erwachsenenbildung nutzte die Gelegenheit, mehrere Lesungen nacheinander wahrnehmen zu können und flanierte – genau wie die anderen Besucherinnen und Besucher – von Vorleseort zu Vorleseort. Neben Janssen lasen unter anderem die Oldenburger Leichtathletin und Olympia-Teilnehmerin Ruth Spelmeyer und Oberkirchenrätin Annette Christine Lenk.



„Der Traum von Olympia”, 
vorgestellt von Ruth Spelmeyer im Forum St. Peter
Die dramatische und sehr bewegende Geschichte „Der Traum von Olympia” von der somalischen Läuferin und Olympiateilnehmerin Samia Yusuf Omar erzählt der Autor Reinhard Kleist in der Form des Graphic-Novel-Stils.  Die Sprinterin Samia Yusuf Omar vertrat Somalia bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking. In ihrer Heimat wurde die Sportlerin Samia von islamistischen Extremisten bedroht, da sie als Frau Sport treibt. Samia versuchte nach Europa zu flüchten, um an den olympischen Spielen in London 2012 teilzunehmen. Dabei ertrank sie 2012 im Alter von 21 Jahren vor der Küste Maltas im Mittelmeer. 
Ruth Spelmeyer nahm als Sprinterin an der Olympiade 2016 teil. Die Oldenburgerin fühlt sich mit Samia und ihrem tragischen Schicksal verbunden: „Die junge somalische Sportlerin konnte ihren Traum nicht verwirklichen kann, im Gegensatz zu mir“.  

„Baba Dunjas letzte Liebe“,
vorgestellt von Oberkirchenrätin Annette-Christine Lenk, in der Friedenskirche.
Eine berührende Geschichte in Ich-Form geschrieben ist das Buch „Baba Dunjas letzte Liebe“, der Autorin Alina Bronsky. Baba Dunja kehrte als erste in ihr Heimatdorf Tschernowo zurück, das in einem stark verstrahlten Gebiet nahe Tschernobyl liegt. In der Todeszone des ehemaligen Reaktors lebte sie alleine, versorgte sich mit Obst, Gemüse und Kräutern aus einem ehemaligen Gewächshaus und der Natur. Gemeinsam mit anderen Rückkehrern baute sie sich dort wieder ein Leben auf, ohne Angst vor der tödlichen Strahlung. Eine faszinierende und fesselnde, durch das immer aktuell bleibende Thema, eine sehr nah gehende Erzählung von einer außergewöhnlichen Frau, die im hohen Alter in ihrer alten Heimat ein selbstbestimmtes Paradies findet. 

Der Evangelische Buchpreis wird seit 1979 vom Evangelischen Literaturportal als dem Dachverband evangelischer öffentlicher Büchereien aufgrund von Leserempfehlungen verliehen. „Sie können jetzt Bücher für den Evangelischen Buchpreis 2017 empfehlen“, betonte Roeder die Möglichkeit sich an dem Preis zu beteiligen. 

Ein Beitrag von Kerstin Kempermann, Ev. Zeitung Oldenburg und Bärbel Romey.

Mehr zum Evangelischen Buchpreis finden Sie unter: www.evangelischerbuchpreis.de 

Source: Kirche-Oldenburg