Ist das bevorstehende 500-jährige Jubiläumsjahr der evangelisch-lutherischen Kirche wirklich Grund für ein Jubiläum oder eher für ein Gedenken? Was können die beiden großen Kirchen 2017 gemeinsam feiern, was haben die evangelischen Kirchen im kommenden Jahr für Veranstaltungen geplant, was verdanken die großen Konfessionen Martin Luther und was war er überhaupt für ein Mensch? Um hierüber mehr zu erfahren kamen am 16. Dezember auf Einladung von Pfarrerin Martina Rambusch-Nowak, Leiterin des ev. Bildungszentrums und der ev. Heimvolkhochschule Rastede, Seelsorge-Referenten des Bischöflich Münsterschen Offizialats in das Evangelische Bildungshaus.

Welche Bedeutung die Konfessionen hatten machte eine Vorstellungsrunde klar, in der alle Teilnehmer ihr erstes bewusstes katholisches und evangelisches Erlebnis erzählten. Was heute selbstverständlich ist oder bedeutungslos erscheint, prägte noch vor einer Generation viele Menschen. Noch in den 1960er und 1970er Jahren lernten viele in ihrer Jugend nur Mitmenschen der eigenen Konfession kennen. Bewusste Kontakte zur anderen Konfession fanden – außer bei konfessionsgemischten Ehen und Familien – kaum statt.

„Martin Luther und die anderen Reformatoren haben uns gelehrt, aus einer Haltung des freien Gewissens heraus zu leben und uns einzubringen in aktuelle Fragen“, erklärte Martina Rambusch-Nowak. Das gelte in der demokratischen Gesellschaft für Gläubige aller Konfessionen und Religionen und auch für religiös Ungebundene. Luther habe sich für die Trennung von Kirche und Staat, für Bildungsgerechtigkeit und mündige Menschen, für persönliche Freiheit und Demokratisierung eingesetzt. Einen Kult um Luther wolle das Jubiläumsjahr aber nicht erzeugen, stellte sie klar. Eher solle es deutlich machen, wie die Reformation die Kirchen, die Konfessionen, die Gesellschaft und die Kultur verändert habe.

Über Inhalte des Jubiläumsjahres informierte Pfarrer Nico Szameitat, Beauftragter der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg für das Reformationsjubiläum 2017, die katholischen Gäste. Seit zehn Jahren werde das Jubiläum in allen evangelischen Landeskirchen mit Veranstaltungen eingeläutet, erklärt er. Es sei das erste große Reformationsjubiläum, das bewusst ökumenische Akzente setze. Auch Papst Franziskus habe mit seiner Teilnahme zum Auftakt des Jubiläumsjahres, das der Lutherische Weltbund am 31. Oktober im schwedischen Lund gefeiert hatte, ein starkes Zeichen gesetzt. Und dennoch – ob statt eines Jubiläums nicht eher ein Gedenkjahr gefeiert werden solle, werde in beiden Kirchen diskutiert. „Wenn wir es aber 2017 nicht schaffen, zu sagen, warum wir evangelisch sind, ist das Jahr umsonst gewesen“, sagte Szameitat, der für eine aktuelle und nicht rückwärts gewandte Betrachtungsweise der Konfessionstrennung warb.

Zum Jubiläumsjahr hat allein die Oldenburger Landeskirche ca. zweihundert Veranstaltungen geplant (www.oldenburg2017.de). Einige von ihnen finden auch in Wittenberg statt. In der dortigen Innenstadt hat die Oldenburger Landeskirche zusammen mit der bremischen Landeskirche und der ev.- reformierten Landeskirche in Leer für einige Monate ein kleines Geschäft angemietet und als „denkbar“ zu einem Treffpunkt für Veranstaltungen hergerichtet.

Ludger Heuer
Source: Kirche-Oldenburg