Garrel/Kr. Cloppenburg/Moskau (epd). Die Evangelisch-Lutherische Kirche in Russland leidet nach den Worten der Moskauer Pröpstin Elena Bondarenko unter akutem Pastorenmangel. Deutsche Pastoren gingen vermehrt in Rente und die Ausbildung am theologischen Seminar für russische Kräfte in St. Petersburg sei vor wenigen Jahren gestoppt worden, sagte Bondarenko am Sonntag im niedersächsischen Garrel. «Wir haben viele Gemeinden ohne Pastoren. Im Moment ist es fast leichter, eine Stelle zu finanzieren, als einen Pastor zu finden.»

Zurzeit gebe es in ganz Russland ungefähr 150 Pastoren der lutherischen Kirche, die meisten russischstämmig, erläuterte die leitende Theologin beim Jahresfest der Hauptgruppe Oldenburg im Gustav-Adolf-Werk. Doch in vielen Gemeinden entstünden gerade freie Stellen. «Wir brauche mobile junge Leute, die in diese Gemeinden ziehen und dort wohnen und arbeiten.» Sie fehlten besonders im europäischen Russland.«

Um 1920 gab es Bondarenko zufolge ungefähr 80 evangelisch-lutherische Pastoren in Russland, 1937 dagegen keine mehr. »Sie wurden umgebracht. Nur wenige versuchten, auszureisen. Die meisten wurden vor ihren Kirchen erschossen.« Jetzt würden wieder russische evangelisch-lutherische Theologen in Russland ausgebildet nach einer Zeit, in der sie lange immer aus Deutschland gekommen seien, allerdings derzeit nur im Fernstudium.

Gesellschaftlich ist die Situation der lutherischen Kirche in Russland nach Einschätzung der Pröpstin nicht mehr so schwierig wie früher. So hätten sich die Beziehungen zu Ortsverwaltungen und zur russisch-orthodoxen Kirche verbessert. »Ein großes Problem ist es allerdings, unseren Besitz zurückzubekommen«, sagte Bondarenko, die auch Frauenbeauftragte der Lutheraner in Russland ist.

Aller Besitz der Kirchen sei 1917 nationalisiert worden. Nach der sogenannten Wiedergeburt der Kirchen Anfang der 1990er Jahre habe sich aber vielfach noch nichts getan. So hätten Gemeinden immer noch keine Orte, um sich zu treffen und ihre Projekte zu entwickeln. Bondarenko: »Im Wolga-Gebiet hat es geklappt, dort haben die Gemeinden ihre Kirchen als Besitz zurückbekommen. Deshalb sind sie dort auch sehr stabil."

Zur Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland zählen den Angaben zufolge 15.000 Gemeindeglieder in 170 registrierten und nicht registrierten Gemeinden und Gemeindegruppen. Sie sind in elf Propsteien zusammengefasst. Das Gustav-Adolf-Werk fördert ihre Arbeit. Die Organisation wurde 1832 in Leipzig gegründet und unterstützt im Auftrag der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) protestantische Kirchen in der Diaspora. Das Hilfswerk erinnert mit seinem Namen an den lutherischen schwedischen König Gustav II. Adolf (1594-1632), der als Verteidiger des Protestantismus gilt.

Internet: www.gaw-oldenburg.de und www.gustav-adolf-werk.de 
Friedenskirche Garrel: www.ev-kirche-garrel.de

Source: Kirche-Oldenburg