Köln/Hannover (epd). Bundesweit gibt es nach Angaben der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) «Asyl in der Kirche» aktuell 314 Kirchenasyle. Kirchengemeinden in ganz Deutschland böten insgesamt 508 Menschen Schutz vor Abschiebung, darunter 112 Kindern, berichtete die BAG-Vorsitzende, Pastorin Dietlind Jochims, am Samstag in Köln auf der Jahrestagung des Kirchenasyl-Netzwerkes. Die Menschen kämen überwiegend aus Afghanistan, dem Irak, Iran oder Syrien. Haupt-Zielländer, in die sie nach dem sogenannten Dublin-Verfahren abgeschoben werden sollten, seien Bulgarien, Rumänien und Polen.

 

In Niedersachsen sei auffällig, wie oft das dortige Netzwerk von Angehörigen oder Freunden von Asylsuchenden kontaktiert werde, die akut von Abschiebung bedroht sind, sagte Hildegard Grosse vom Ökumenischen Netzwerkes Asyl in der Kirche Niedersachsen auf epd-Anfrage. «Wöchentlich erhalte nicht nur ich drei bis fünf Anrufe mit der Bitte um Kirchenasyl», sagte Grosse. «Fast immer muss ich dann sagen, dass die Schutzsuchenden selbst eine Kirchengemeinde finden müssen, dann kann ich beraten.» Genaue aktuelle Zahlen von Menschen, die im Bundesland aktuell im Kirchenasyl sind, nannte sie nicht.

 

Bei der Tagung bedauerte Jochims, dass es seit Jahren immer weniger Kommunikation zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und Kirchenleuten gebe. Das sei «schlecht für ein gegenseitiges zumindest grundsätzliches Verständnis und schlecht für die Suche nach humanitären Lösungen», sagte die Menschenrechtsbeauftragte der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.

 

Beim Kirchenasyl werden Flüchtlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus von Kirchengemeinden zeitlich befristet beherbergt. Ziel ist, in Härtefällen eine unmittelbar drohende Abschiebung in eine gefährliche oder sozial unzumutbare Situation zu verhindern und eine erneute Prüfung des Falles zu erreichen. «Es ist gut, dass es in den Situationen, in denen der Rechtsstaat versagt und humanitäre Defizite aufweist, die Möglichkeit des Kirchenasyls gibt, um Unrecht abzuwenden», sagte Rafael Nikodemus, Kirchenasyl-Experte der rheinischen Kirche, in einem Videogrußwort. Es sei «eine enorme Stärke des Rechtsstaates», wenn er diese Korrekturmöglichkeiten aushalte.

 

Die Ökumenische Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche hält noch bis Sonntag in der Evangelischen Melanchthon-Akademie Köln ihre Jahrestagung ab. Unter dem Motto «Gemeinsam Grenzen überwinden» stehen Vorträge, Gespräche, Workshops und Diskussionen auf dem Programm. In der Bundesarbeitsgemeinschaft haben sich evangelische, katholische und freikirchliche Kirchengemeinden zusammengeschlossen, die bereit sind, von Abschiebung bedrohten Flüchtlingen Kirchenasyl zu gewähren, wenn begründete Zweifel an einer gefahrlosen Rückkehr bestehen.

Kirche-Oldenburg
Mehr als 500 Menschen im Kirchenasyl – Auch in Niedersachsen viele Anfragen nach Unterstützung