Hannover (epd). Der Initiator der #MeTwo-Internetbewegung über Alltagsrassismus, Ali Can, fordert ein «neues Verständnis vom Deutschsein». Politiker sollten in Deutschland eine «konstruktive Streitkultur» etablieren, sagte der Buchautor und «Trainer für interkulturelle Toleranz» dem «RedaktionsNetzwerk Deutschland». Die Hashtag-Bewegung habe gezeigt, dass es viele Menschen gebe, die schon sehr lange im Land lebten, ohne wirklich dazuzugehören. «Sie geraten unter Generalverdacht, wenn ein Einzelner etwas Schlimmes tut.» Ganze Menschengruppen würden etwa nach Terroranschlägen mit Argwohn betrachtet.

Er selbst habe aufgrund seines Namens in der Vergangenheit beispielsweise Probleme bei der Wohnungssuche gehabt, sagte Can. «Aus solchen Situationen erwächst ein Gefühl von Ausgrenzung, das integrationshemmend ist.» Wenn alle Menschen, die in den letzten Jahren nach Deutschland gekommen seien, diese Erfahrung teilten, werde aus der Flüchtlingskrise ganz schnell eine «Integrationskrise».

Can, der seit seinem zweiten Lebensjahr in Deutschland lebt, hatte bei Twitter die Bewegung #MeTwo gestartet – in Anspielung auf die Hashtag-Bewegung «MeToo» gegen sexuelle Belästigung. Seit Donnerstag haben dabei mehr als 30.000 Menschen ihre Erfahrungen mit Alltagsrassismus geschildert. Mit dem Namen «MeTwo» spielt der 24-Jährige auf beiden Identitäten an, denen er sich zugehörig fühlt:
die deutsche und die türkische.

In der Debatte um den Fußballer Mesut Özil halte er die Kritik an dessen gemeinsamem Foto mit dem türkischen Präsidenten Erdogan für berechtigt, sagte Can. Aber er könne Özil auch teilweise verstehen: «Auch ich selbst habe den Eindruck, dass ich nur als Deutscher anerkannt werde, solange ich keine Fehler mache.»

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Source: Kirche-Oldenburg