Loccum/Kr. Nienburg (epd). Angesichts des Rechtspopulismus in Deutschland und Europa hat Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) dazu aufgerufen, mit aller Kraft für die Demokratie zu kämpfen. «Die Zahl derjenigen Menschen, die auf Zusammenhalt und Zusammenarbeit setzen, ist sehr viel größer als die Nachrichten manchmal meinen lassen», sagte Weil beim 69. Epiphanias-Empfang der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers am Sonntag im Kloster Loccum bei Nienburg.

In Deutschland gebe es ein spürbares Bedürfnis einer großen Bevölkerungsmehrheit nach einem guten Miteinander, betonte der Ministerpräsident vor rund 130 Gästen aus Landespolitik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft. Er verwies dabei auf den Hashtag #wirsindmehr, der sich im vergangenen Sommer nach den rechtsmotivierten Ausschreitungen von Chemnitz in den sozialen Netzwerken gebildet hatte.

Europaweit breite sich derzeit «ein kälteres, ruppigeres gesellschaftliches Klima und ein unverkennbarer Rechtsruck» aus, kritisierte Weil. Diese Entwicklung drohe, viele Errungenschaften in Frage zu stellen. Die überragende Mehrheit der Bevölkerung stehe jedoch für einen starken demokratischen Staat und auch für eine starke Zivilgesellschaft. Beides müsse gestärkt werden.

«Wer glaubt, die Arbeit für die Demokratie sei allein die Aufgabe der demokratischen Institutionen ist schief gewickelt», betonte Weil. Die Demokratie brauche engagierte Bürger, die Mitverantwortung übernähmen. Im Blick auf die Europawahl im Mai sagte Weil: «Für Europa gilt dasselbe wie für die demokratischen Institutionen in unserem Land: Wir müssen dafür eintreten, dafür werben und auch dafür kämpfen!»

Selbstkritisch sagte Weil, offenbar hätten die Bürger vieles, was an gesellschaftlichem Fortschritt erreicht worden sei, für allzu selbstverständlich genommen. Auch dürfe die «Schere zwischen oben und unten» in der Gesellschaft nicht zu groß werden. Schließlich vermittelten wichtige Funktionsträger zu oft den Eindruck, zu viel mit sich selbst und zu wenig mit den Themen der Gesellschaft beschäftigt zu sein.

Die Landeskirche lädt seit 69 Jahren Repräsentanten des öffentlichen Lebens zum Jahreswechsel zu dem Empfang in das mehr als 850 Jahre alte Zisterzienserkloster ein. Der frühere Landesbischof Hanns Lilje (1899-1977) hatte 1950 nach seiner Wahl zum Abt zu Loccum erstmals zum «Empfang zwischen den Jahren» gebeten. Wie im vergangenen Jahr war der Ablauf diesmal leicht verändert: Das Refektorium, der ehemalige Speisesaal der Mönche, ist wegen Bauarbeiten nicht zugänglich. Deshalb nahmen die Gäste in der Klosterkirche Platz, die extra hochgeheizt wurde.
Source: Kirche-Oldenburg