Hannover/Berlin (epd). Nach den tödlichen Schüssen in Hamburg ist eine Debatte über das Waffenrecht entbrannt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte den «Tagesthemen» der ARD, die Tat zeige, «wie notwendig Änderungen» im Gesetz seien. Der von ihr bereits vorgelegte Entwurf zur Verschärfung des Waffengesetzes müsse diskutiert und auf Lücken geprüft werden. Derzeit ist vorgesehen, «kriegswaffenähnliche halbautomatische Waffen» zu verbieten. Der Täter von Hamburg benutzte eine halbautomatische Pistole, die nicht darunter fällt.

 

Neue Waffenhalter sollen nach den Plänen Faesers zudem künftig auf eigene Kosten ein ärztliches oder psychologisches Zeugnis über die eigene Eignung vorlegen. Das gilt bislang nur für besonders junge Käufer unter 25 Jahren. Dies müsse in Zusammenarbeit mit den Gesundheitsbehörden geschehen, sagte Faeser den «Tagesthemen». Nötig sei eine bessere Vernetzung der Behörden.

 

Der Innenexperte der Grünen-Bundestagsfraktion, Marcel Emmerich, forderte eine zügige Reform. Ein Verbot von halbautomatischen Pistolen für Privatleute müsse geprüft werden, sagte der Politiker dem Hörfunksender «NDR Info» (Samstag). Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, sagte dem «RedaktionsNetzwerk Deutschland» (RND, Samstag), es sei «mehr als fragwürdig», warum derzeit nur Unter-25-Jährige ein amtsärztliches oder psychologisches Gutachten vorlegen müssen.

 

Auch der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Jochen Kopelke, forderte die Bundesregierung zu einer unverzüglichen Verschärfung des Waffenrechts sowie deutlichen Reduzierung von Waffen auf. Die private Aufbewahrung von Sportwaffen müsse ebenfalls unter die Lupe genommen werden, sagte Kopelke dem RND. Dafür müssten Vereine Vorschläge machen und das Bundesinnenministerium den rechtlichen Rahmen klären.

 

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann, sagte dem RND, es müsse geklärt werden, warum die Kontrollen des Hamburger Täters offenbar keine Anzeichen für eine Gefahr lieferten und nicht zu einem Entzug der Waffenbesitzerlaubnis führten. Bei der anstehenden Reform des Waffenrechts müssten die Handlungsmöglichkeiten der Behörden ebenso geprüft werden wie der Datenaustausch zwischen ihnen.

 

Ähnlich äußerte sich FDP-Vizefraktionschef Konstantin Kuhle, er betonte: «Ohne präzise Aufarbeitung der Hintergründe verbieten sich Forderungen nach gesetzgeberischen Konsequenzen.» Im Nachgang zu der Tat in Hamburg müsse nun aufgeklärt werden, «warum die Waffenbehörde von einer Entziehung der waffenrechtlichen Erlaubnis abgesehen hat», sagte der Innenexperte den Zeitungen «Funke Mediengruppe». Psychisch kranke Personen dürften keine Schusswaffen besitzen. «Es ist gut und richtig, dass das Waffenrecht dies schon heute unmissverständlich regelt», sagte Kuhle.

 

Am Donnerstagabend hatte ein Mann in einem Gebetshaus der Zeugen Jehovas im Hamburger Stadtteil Groß Borstel auf Mitglieder der Glaubensgemeinschaft geschossen. Dabei waren acht Menschen gestorben, darunter auch der mutmaßliche Täter.

 

Änderungen im Waffenrecht hatte Faeser bereits im März 2022 angekündigt. Der damals vorgelegte Aktionsplan gegen Rechtsextremismus benannte als Ziel, mutmaßliche Extremisten zu entwaffnen, indem man Waffenscheine besser entziehen oder versagen kann.

Kirche-Oldenburg
Nach Amoklauf in Hamburg: Debatte über Waffenrecht entbrannt