Bremen. Die Bremische Evangelische Kirche will nach Angaben ihres theologischen Repräsentanten Renke Brahms im neuen Jahr verstärkt in eine Diskussion über ihre Verfassung eintreten. Hintergrund sei die Kritik, dass das Gesetzeswerk aus dem Jahre 1920 nicht mehr zeitgemäß sei, sagte Brahms dem Evangelischen Pressedienst (epd). «Damals war der Text weniger eine Verfassung als eine Geschäftsordnung.» Eine Arbeitsgruppe mit Mitgliedern des leitenden Kirchenausschusses und des Bremer Kirchenparlamentes ist dabei, Eckpunkte für eine Reform zu formulieren.

Das Kirchenparlament, das in Bremen Kirchentag heißt, soll im Mai zunächst grundlegend darüber befinden, ob und möglicherweise in welcher Form die Verfassung geändert werden soll. «Ein Beschluss könnte auch lauten, dass eine Verfassung komplett neu formuliert werden muss», sagte Brahms. Zwei Gutachten hätten große Lücken offenbart, die möglicherweise mit einer Anpassung des ursprünglichen Textes nicht beseitigt werden könnten. Falls sich das Parlament für Änderungen entscheide, könnten diese wohl nicht vor dem 100. Verfassungsjubiläum 2020 umgesetzt werden.

Die Gutachten kommen aus dem Kirchenrechtlichen Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Göttingen und vom Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund mit Sitz in Bern. Sie bemängeln beispielsweise, dass die Rechte der Kirchenmitglieder nicht beschrieben sind und das mittlerweile unverzichtbare Ehrenamt in der Kirche kaum vorkommt. Überdacht werden müsste nach Einschätzung des Schweizerischen Kirchenbundes überdies die Regel, dass sich der Kirchentag nicht mit theologischen Fragen beschäftigen darf.

Ein weiteres Beispiel: Während die Rechte der Kirchengemeinden in der alten Verfassung eine herausgehobene Stellung einnehmen, kommen übergemeindliche Werke und Einrichtungen schlicht nicht vor. «Sie sind aber längst Teil unserer Kirche», sagte Brahms.

Der leitende Theologe betonte, in der Verfassungsdiskussion komme es aus seiner Sicht darauf an, Bewährtes zu erhalten und unzeitgemäße Regelungen an die Bedürfnisse einer modernen Kirche anzupassen. Mit der Verfassung bestehe die Chance, unabhängig von den derzeit handelnden Menschen zu bestimmen, «wie das Gesicht der Bremischen Evangelischen Kirche in Zukunft aussieht». Zur bremischen Landeskirche gehören 61 Gemeinden mit rund 200.000 Mitgliedern. Sie ist die einzige Stadtkirche Deutschlands, weil sich ihre Gemeinden ausschließlich auf städtischem Gebiet befinden.

epd/Dieter Sell
Source: Kirche-Oldenburg