Hannover (epd). Glaube und religiöse Gemeinschaft können nach Ansicht von Psychologen und Theologen die geistige Widerstandskraft von Rettungskräften stärken. Menschen benötigten stabile Ordnungssysteme, um in schweren Situationen seelisch robust bleiben zu können, sagte der evangelische hannoversche Landesbischof Ralf Meister am Sonnabend bei einer Podiumsdiskussion in Hannover: «Der christliche Glaube ist da eine Stabilität im Leben, die hilft, auch wenn es einem so schlechtgeht, wie Jesus am Kreuz.» Durch Gebete und prägnante Rituale könne der Glaube die Seele stabilisieren. Mit der Veranstaltung endete der Bundeskongresses «Notfallseelsorge und Krisenintervention».

Dies gelte nicht nur für Feuerwehrleute oder Rettungssanitäter. Auch für Hinterbliebene von Katastrophen und Unfallopfern könne Religion eine wichtige Rolle spielen, erläuterte der Braunschweiger Psychologe Christoph Kröger. «Unbegreifliches kann nicht immer in Worte gefasst werden, deshalb sind auch Formen wie Gottesdienste oder Musik zur Trauerbearbeitung sinnvoll», sagte der Leiter der Psychotherapieambulanz der Technischen Universität Braunschweig.

Dort wo Menschen etwas in Gemeinschaften investierten, werde auch deren Widerstandsfähigkeit gestärkt, ergänzte die Psychologin Irmtraud Beerlage von der Hochschule Magdeburg-Stendal. Dabei gehe es aber nicht um soziale Online-Netzwerke wie Facebook, betonte die Professorin, sondern um reale und regelmäßige Begegnungen zwischen Menschen, etwa in Kirchengemeinden.

In einer Studie mit mehr als 600 Feuerwehrleuten habe sie dies zeigen können, erläuterte Beerlage. Feuerwehrleute, die auf Unterstützung aus ihrem sozialen Umfeld verzichteten, etwa weil sie ein starkes männliches Selbstbild verträten, litten weitaus stärker unter psychosozialen Belastungen als ihre Kollegen. «Diese Feuerwehrleute fressen alles in sich hinein». Solch eine Einzelkämpferhaltung mache krank und könne zum Burn-out führen.

Im Zentrum des dreitägigen Treffens von Theologen und Psychologen stand der Begriff «Resilienz». Er bezeichne die seelische Widerstandskraft von Menschen aber auch ganzer Gemeinschaften gegenüber schweren traumatischen Situationen, sagte Beerlage.

Die Psychologen warnten vor Ratgeberliteratur zum Begriff Resilienz. Dies sei ein Modebegriff, mit dem sich derzeit viel Geld verdienen lasse, sagte Kröger. Beerlage ergänzte, die Coaching-Ratgeber trieben das Thema sehr stark in Richtung Selbstoptimierung. Sie wollten vor allem anfällige Mitarbeiter widerstandsfähiger machen, damit diese unter ökonomischen Gesichtspunkten funktionierten oder zumindest nicht störten.

Source: Kirche-Oldenburg