Celle (epd). Nach dem Angriff eines Hundes auf ein Pferd hat das Oberlandesgericht Celle entschieden, dass die Hundehalterin die sehr hohen Behandlungskosten für den verletzten Wallach tragen muss. Tiere seien als Mitgeschöpfe zu betrachten, teilte das Gericht am Freitag mit. Sie dürften nicht nur nach rein wirtschaftlichen Kriterien betrachtet werden. Die Frau muss nun 14.000 Euro für die Behandlung des Pferdes zahlen, obwohl das Tier laut einem Gutachter nur 300 Euro wert gewesen war.

Werde ein Tier verletzt, könne es sein, dass der Schädiger Behandlungskosten zu ersetzen hat, die den Wert des Tieres um ein Vielfaches übersteigen, argumentierte das Gericht in dem Berufungsprozess. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig (Az.: 20 U 36/20).

Der damals 24 Jahre alte Wallach des Klägers diente im Sommer 2019 als «Weidekamerad» und «Gesellschafter» für andere Pferde. Der Hund sei damals auf die Koppel gelaufen und habe das Pferd bis in den nächsten Ort verfolgt. Dabei stürzte das Pferd mehrfach und verletzte sich schwer. Der Halter ließ den Wallach für mehr als 14.000 Euro in einer Tierklinik operieren. Zunächst verurteilte das Landgericht Verden die Besitzerin des Hundes, die Behandlungskosten zu tragen. Ihre Berufung dagegen wurde nun vom 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts zurückgewiesen.

Die Behandlungskosten seien vollständig zu ersetzen, obwohl sie den wirtschaftlichen Wert des Tieres um das 49-fache überstiegen, entschied der Senat: «Aufgrund der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf und schmerzempfindliches Lebewesen verbietet sich eine streng wirtschaftliche Betrachtungsweise.» Vielmehr seien sämtliche Umstände abzuwägen, unter anderem die Erfolgsaussichten der Behandlung, das Alter des Tieres und die Beziehung des Halters zu ihm. Der Kläger hatte das Pferd kurz nach dessen Geburt gekauft und auf ihm das Reiten erlernt.

Das Gericht entschied, dass die Hundehalterin neben den Behandlungskosten auch den gesamten weiteren Schaden ersetzen muss, der bei der Verfolgungsjagd entstanden war. Zwar sei der Schaden auch auf den Fluchtinstinkt des Pferdes zurückzuführen. Doch sei das Pferd nicht nur kurz erschrocken und dann weggelaufen. Vielmehr habe der Hund den Wallach über die Koppel, über den Weidezaun und weiter auf der Straße bis in die nächste Ortschaft «auf das Äußerste» getrieben. Daher überwiege die vom Hund ausgehende Gefahr den «eigenen Verursachungsbeitrag» des Pferdes deutlich.

 

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Oberlandesgericht: Tiere sind Mitgeschöpfe