Bremen (epd). Im Umgang mit Sterben und Tod warnt die Bremer Gesundheitswissenschaftlerin Annelie Keil vor Ratgebern und Ratgeberliteratur. "Wer weiß denn zum Beispiel, wie man gut stirbt?", sagte sie im Gespräch mit der Syker "Kreiszeitung". Der Tod sei oft Erlösung, "und irgendwann muss auch Schluss sein". Sterbende hätten ganz unterschiedliche Bedürfnisse. "Der eine braucht sein Lieblingsessen, der andere eine letzte Zigarette, der nächste will sein Testament machen. Ich kann nicht jedem raten, zu Hause zu sterben, denn für manche wäre das die Hölle."

Keil engagiert sich seit langer Zeit in der Hospizbewegung und wirbt dafür, sich frühzeitig mit Sterben und Tod auseinanderzusetzen. Das sei keine Frage des Alters. Wir müssten uns bewusst machen, dass das Sterben zum Leben gehöre. "Das gilt schon, wenn eine Liebe stirbt. Wenn wir Abschiede im Leben leben lernen, können wir uns den Rest der Zeit einfacher machen."

Die Palliativexpertin hat im vergangenen Jahr zusammen mit Bremens Altbürgermeister Henning Scherf (SPD) ein Buch herausgegeben, in dem sie gegen die Einsamkeit am Lebensende kämpfen. Bei einer Vorstellung sagte sie, sterbende Menschen zu begleiten, dürfe nicht an hauptamtliche Pflegekräfte delegiert werden: "Das ist eine gemeinsame Aufgabe." Nötig sei eine solidarische Gesellschaft, denn: "Keiner schafft das alleine."

"Was am Ende zählt, ist Empathie, die Fähigkeit zum Mitgefühl und die Möglichkeit, sich auszusprechen und jemandem sein Innerstes anzuvertrauen", schreibt Keil in dem Buch. Als junge Frau erlitt sie einen Herzinfarkt und wurde mehrfach mit einer Krebsdiagnose konfrontiert. Scherf setzt sich unter anderem für Rituale des Abschieds am Lebensende ein und warnt: "Wir sollten uns davor hüten, bestimmte überlieferte Bestattungsformen vorzuschreiben – und nicht vor bemalten Särgen, Rockmusik auf dem Friedhof oder sogar vor einem Schuss Schnaps ins Grab zurückschrecken."


Buchhinweis
Annelie Keil, Henning Scherf, "Das letzte Tabu – Über das Sterben reden und den Abschied leben lernen", Herder Verlag Freiburg im Breisgau 2016, 256 Seiten, 19,99 Euro
  
Source: Kirche-Oldenburg