Osnabrück (epd). Das Taufbecken quillt über von Müslitüten, Deckeln und Joghurtbechern. Schokoriegel-Verpackungen und zerfetzte Plastikbeutel schweben auf die Köpfe der Gottesdienstbesucher herab.

Die Hamburger Künstlerin Swaantje Güntzel hat am Sonntag Plastikmüll in der Osnabrücker Lutherkirche verteilt. Die Zeit sei reif für solche «Grenzüberschreitungen», sagte die 47-Jährige im Anschluss an den Gottesdienst. «Ich möchte deutlich machen, wie enthemmt wir uns gegenüber der Schöpfung benehmen.» Die meisten der rund 150 Besucher reagierten verstört, aber mit viel Zuspruch.

Erstmals hatte sich Güntzel für ihre Kunstaktion eine Kirche ausgesucht. Seit zwölf Jahren arbeite sie mit Performances, Installationen, Fotos und Skulpturen zum Thema Plastikmüll und Verschmutzung von Meer und Umwelt, erläuterte sie, die selbst aus der Kirche ausgetreten ist. Im Rahmen der Reihe «Der andere Gottesdienst» war die Künstlerin in der Südstadtkirchengemeinde zu Gast. Das Format soll mit ungewöhnlichen Impulsen Menschen ansprechen, die traditionellen Gottesdiensten skeptisch gegenüberstehen.

Pastorin Ina von Häfen betonte, für sie habe es einen tieferen Sinn, den Müll in einer Kirche zu verteilen und dabei weder das Taufbecken noch den Altarraum auszusparen: «Es gibt keinen heiligen Ort, der noch frei wäre von Müll. Denn der heilige Ort ist unsere Erde.» Sie selbst könne, seitdem sie den Müll, den sie zuvor gemeinsam mit ihrem Team in der unmittelbaren Umgebung der Lutherkirche gesammelt und gereinigt habe, nicht so weitermachen wie zuvor.

Sie hoffe, dass auch andere Menschen aufwachten und mit kleinen Schritten versuchten, ihre Lebensweise zu ändern, betonte von Häfen und ergänzte: «Gott, gib uns die Kraft, uns zu trennen vom Überfluss, vom schönen Schein und dem Gedanken, dass wir alles machen können, was wir wollen.»

Pastorin und Künstlerin ernteten viel Zustimmung. «Es sollte ja wohl wehtun. Das ist der Künstlerin gelungen», sagte Joachim Behrens (61). Johannes Tarras (22) sagte, der Müll im Taufbecken und die Predigt hätten ihn sehr nachdenklich gemacht. «Man muss manchmal anstößige Dinge tun, um etwas zu erreichen», fasste eine ältere Dame die Meinung der Umsitzenden zusammen.

Source: Kirche-Oldenburg