Osnabrück (epd). Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hat die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit Libyen in der Flüchtlingspolitik scharf kritisiert. «Wir fordern einen sofortigen Stopp der Kooperation mit Libyen. Das Land ist kein Staat mehr, sondern eine Staatsruine. Dort regieren verschiedene Warlords, die keine Gesprächspartner sein dürfen», sagte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der «Neuen Osnabrücker Zeitung» (Freitag) nach dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem libyschen Premier Fajes al Sarradsch.

Der Menschenrechtler kritisierte, Deutschland und andere EU-Staaten statteten die libysche Küstenwache aus, damit sie Flüchtlingsboote stoppe und zurückschleppe. Europa mache sich der Beihilfe bei Menschenrechtsverletzungen schuldig. Burkhardt sagte: «Das Verhalten der Bundeskanzlerin erinnert an das Hofieren einer Diktatur mit dem Ziel, die Staaten außerhalb Europas aufzurüsten, damit sie in der Flüchtlingspolitik für Europa die Drecksarbeit machen.»

Burkhardt forderte, dass die EU-Staaten Zehntausende Flüchtlinge aus libyschen Haftlagern evakuieren und nach Europa bringen. Pro Asyl ist strikt gegen die vieldiskutierten Auffanglager außerhalb Europas. «Es gibt keine fairen Asylentscheidungen in Haftlagern und keinen Rechtsweg zu unabhängigen Gerichten.»

Merkel hatte nach dem Treffen am Donnerstag in Berlin gesagt, sie erwarte Verbesserungen für die in Libyen gestrandeten Flüchtlinge. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) und die Internationale Organisation für Migration (IOM) müssten Zugang zu den Lagern erhalten, die unter der Kontrolle der Einheitsregierung von al Sarradsch stehen. Sie sprach von «extremen, menschenunwürdigen Bedingungen», unter denen viele Migranten in Libyen lebten.

In Libyen sitzen Hunderttausende Menschen vorwiegend aus afrikanischen Ländern fest. Zuletzt hatten Berichte über den Verkauf von Flüchtlingen in die Sklaverei weltweit Empörung ausgelöst. Helfer und Flüchtlinge berichteten auch von unmenschlichen Zuständen in den Lagern, es gebe Folter, Vergewaltigungen und Morde. Auf dem EU-Afrika-Gipfel in der vergangenen Woche in Abidjan war vereinbart worden, dass Helfer Zugang zu den Lagern in Libyen erhalten sollen. Zudem sollen Flüchtlinge bei der Rückführung und besonders schutzbedürftige Menschen auf dem Weg in Aufnahmeländer unterstützt werden. Die Afrikanische Union will 15.000 Migranten aus Libyen in ihre Heimatländer zurückbringen.
Source: Kirche-Oldenburg