Hannover/Flensburg (epd). Fünf Jahre nach Angela Merkels berühmtem Satz «Wir schaffen das» zieht der Sozialpsychologe Harald Welzer eine positive Bilanz bei der Aufnahme zahlreicher Flüchtlinge in Deutschland. «Wenn man die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit sieht, kann man schon sagen, dass es gut gelaufen ist mit den Flüchtlingen», sagte Welzer der in Hannover erscheinenden «Neuen Presse» (Samstag). Allerdings gebe es auch eine Reihe schlecht integrierter Männer, die neu nach Deutschland gekommen seien. «Da hat es einfach nicht gut funktioniert.» Welzer betonte: «Wir sollten viel häufiger die Erfolgsgeschichten erzählen.»

Als Sozialwissenschaftler habe ihn die Ankunft Hundertausender Flüchtlinge und die große Hilfsbereitschaft in der deutschen Bevölkerung sehr fasziniert, sagte Welzer. «Das, was sich da abgespielt hat, war ein Zeichen dafür, dass wir in einem Land leben, das sich innerhalb weniger Generationen ganz offensichtlich fundamental verändert hat.» Vor gerade einmal drei Generationen sei Deutschland noch das «Reich des Bösen» gewesen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am 31. August 2015 vor der Bundespressekonferenz in Berlin unter dem Eindruck der zahlreichen ankommenden Flüchtlinge gesagt: «Ich sage ganz einfach: Deutschland ist ein starkes Land. Das Motiv, mit dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein: Wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das! Wir schaffen das, und dort, wo uns etwas im Wege steht, muss es überwunden werden, muss daran gearbeitet werden.»

Den Kritikern der «Willkommenskultur» wird aus Sicht des Soziologen Welzer zu viel Aufmerksamkeit zuteil. «Alles, was von rechts kommt, wird hochgejazzt», sagte er. Wegen der deutschen Geschichte gebe es eine ganz ausgeprägte Angst vor rechten Tendenzen. Deswegen hätten Bewegungen wie «Pegida» eine mediale Aufmerksamkeit bekommen, die in keinem Verhältnis zu ihrer Bedeutung stünden. «Die Rechten haben nicht so viel Aufmerksamkeit verdient.» Der aus der Region Hannover stammende Welzer ist Mitbegründer und Direktor der gemeinnützigen Stiftung «Futurzwei» in Potsdam. Er lehrt als Professor in Flensburg.

Source: Kirche-Oldenburg