Laut Statistik ist die Armutsgefährdung in Niedersachsen leicht zurückgegangen. Doch einige Gruppen sind besonders von Armut betroffen, unter ihnen Alleinerziehende und Kinderreiche. Sozialverbände mahnen Konsequenzen an.

Hannover (epd). Sozialverbände in Niedersachsen warnen vor einer Verfestigung der Armut im Land. Besonders von Armut gefährdet seien Erwerbslose mit 55,9 Prozent, Alleinerziehende mit 42,1 Prozent und Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit mit 41 Prozent, sagte Klaus-Dieter Gleitze von der Landesarmutskonferenz am Freitag. Zuvor hatte das Landesamt für Statistik Daten aus dem Jahr 2017 veröffentlicht. Danach ist das Armutsrisiko in Niedersachsen leicht zurückgegangen.

Insgesamt waren rund 1,24 Millionen Menschen und damit 15,8 Prozent von Armut gefährdet. Damit lag das Armutsrisiko zwar 0,2 Prozentpunkte niedriger als im Jahr zuvor. Mittelfristig zeige sich tendenziell jedoch ein Anstieg, heißt es in dem Bericht der Statistiker zur «Handlungsorientierten Sozialberichterstattung».

Weiterhin seien im Jahr 2017 mehr als 206.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren und damit 15,5 Prozent der Altersgruppe auf eine soziale Mindestsicherung angewiesen gewesen, teilte das Landesamt für Statistik mit. Die Landesarmutskonferenz mahnte, mehr als jedes fünfte Kind sei von Armut bedroht.

Sozialministerin Carola Reimann (SPD) sagte, «auch wenn die Zahlen zurückgehen, ist jedes Kind in Armut ein Kind zu viel». Niedersachsen setze sich deshalb für eine Kindergrundsicherung ein und unterstütze mit Förderprogrammen Kinder aus Familien mit kleinem Einkommen.

Die Arbeitsgemeinschaft der Familienverbände in Niedersachsen sprach von einem historischen Höchststand der Armutsquote bei kinderreichen Familien. Diese liege bei 29,5 Prozent, sagte der Vorsitzende Bernd Heimberg unter Berufung auf die Statistik. «Insbesondere für Familien, die noch nicht sehr lange in Deutschland leben, bleibt es schwierig, neben der Erziehung und Betreuung mehrerer Kinder ein ausreichendes Einkommen am Arbeitsmarkt zu erzielen.»

72,6 Prozent der kinderreichen Familien ohne deutschen Pass hätten ein Einkommen unterhalb der Armutsrisikogrenze, bemängelte Heimberg. Die Politik müsse handeln und unter anderem Betreuungsmöglichkeiten für die Kinder sowie Qualifizierungsangebote für die Eltern schaffen. In der Arbeitsgemeinschaft sind evangelische und katholische Verbände, Alleinerziehende und türkische Elternvereine zusammengeschlossen.

Der Bericht des Statistikamtes zu sozialpolitischen Themen zeigt auch auf, dass 2017 mehr als jeder achte Haushalt im Land die Wohnkosten als große Belastung empfand. Unter den von Armut gefährdeten Menschen sah das sogar jeder vierte so. Die Landesarmutskonferenz warnte vor sozialem Sprengstoff. «Die Einkommensentwicklung hält gerade in Großstädten mit der Mietentwicklung nicht Schritt», sagte Gleitze. Er forderte die Gründung einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft und höhere Sätze bei Hartz IV und Mindestlohn.

Als armutsgefährdet gelten dem Statistikamt zufolge alle Personen mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 60 Prozent des regionalen Durchschnitts.
Source: Kirche-Oldenburg