Hannover/Bremen (epd). Die Kommunen in Niedersachsen und Bremen steuern bei der Betreuung von Obdachlosen auf ihren ersten Corona-Winter zu. Dafür sehen sie sich gut aufgestellt und haben ihre Konzepte angepasst, wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergab. Vielerorts wird das Angebot der Nachfrage angepasst – stets mit dem Ziel, jeden Hilfesuchenden mit einem Schlafplatz zu versorgen. Kritik kommt unterdessen von Wohlfahrtsverbänden. Die fordern, neben der Unterbringung müssten auch begleitende Angebote ausgeweitet werden.
In Hannover gibt es in insgesamt fünf Notschlafstellen rund 205 Plätze, sagte Stadtsprecherin Christina Merzbach. Sollten sie nicht ausreichen, gebe es Reserve-Standorte. Grundsätzlich stünden auch in Zeiten von Corona in den Obdachlosenunterkünften sowohl Doppel- als auch Einzelzimmer zur Verfügung. Sollte es Verdachtsfälle oder eine Infektion in den Unterkünften geben, würden die Bewohner in einem extra angemieteten Hotel in Quarantäne gebracht. Die Zahl der Wohnungslosen in der niedersächsischen Landeshauptstadt wird auf bis zu 4.000 geschätzt.
Für die Diakonie in Hannover sagte Sprecherin Insa Becker-Wook, zwar sorge die Stadt für Unterkünfte. «Das sind allerdings dann auch wirklich nur Schlafplätze. Der gesetzliche Auftrag wird auch in Corona-Zeiten erfüllt, die sozialarbeiterische Betreuung bleibt aktuell aber eher auf der Strecke.» Corona erschwere den freien Trägern ihre Arbeit. So sei der zentral gelegene Kontaktladen «Mecki» des Diakonischen Werks in der Regel Anlaufstelle für 60 oder 70 Obdachlose. «Unter Corona-Bedingungen und mit den nötigen Abständen können wir zurzeit aber immer nur jeweils fünf reinlassen und haben entsprechend lange Schlangen vor der Tür.»
In Bremen stehen in den Notübernachtungsstätten rund 500 Plätze zur Verfügung, sagte Behördensprecher Bernd Schneider. Zusätzlich zu den festen Einrichtungen würden bei Bedarf Zimmer in Schlichthotels angemietet. «Wegen der Pandemie bleibt es erforderlich, weitere Unterkünfte anzumieten, weil maximal zwei Personen in einem gemeinsamen Zimmer untergebracht werden.» Wenn auf Hotels zurückgegriffen werde, würden Einzelzimmer bevorzugt. In Bremen gibt es Schätzungen zufolge etwa 600 wohnungs- und obdachlose Menschen.
«Das Leben auf der Straße macht krankt», sagte die Bremer Medizinerin Gabriele Steinbach (71) dem epd. Sie versorgt seit zehn Jahren regelmäßig und ehrenamtlich Bedürftige auf der Straße – als Einzige in Bremen. «Obdachlose und wohnungslose Menschen sind infektanfälliger», betonte sie. «Gar nicht selten tun sie nichts gegen ihre Krankheiten, weil sie den Mut verloren oder sich auch ganz aufgegeben haben.»
Göttingen hält vier Bette in einer Quarantäne-Wohnung für ankommende Wohnungslose bereit, sagte Stadtsprecher Dominik Kimyon. «Nach der Quarantäne-Zeit werden sie in einer normalen Wohnung untergebracht.» Selbstverständlich seien auch in Göttingen in allen Bereichen Hygiene- und Abstandsregelungen einzuhalten. Die Platzzahlen in den Unterkünften seien entsprechend reduziert worden.
Die Stadt Braunschweig unterhält Sprecher Rainer Keunecke zufolge verschiedene Schlafstellen für Wohnungslose, die über das gesamte Stadtgebiet verteilt sind. Die Auslastung liege mit 180 belegten Plätzen derzeit bei rund 71 Prozent. Alle Bewohner würden bezügliche der Pandemie aufgeklärt. «Besonders in den Gemeinschaftsunterkünften wird an die Vernunft der Bewohner appelliert.» In den Noträumen seien Schlafplätze so angelegt, dass Mindestabstände gewahrt werden könnten. Zusätzlich zur jeweils eigenen neuen Matratze und zum Bettzeug erhalte jeder Ankommende einen Mund-Nasen-Schutz und Seife.
In Oldenburg stehen 44 Schlafplätze für obdachlose Menschen zur Verfügung. Hinzu kommen noch acht Familienunterkünfte und eine Wohnung mit vier Betten für Menschen mit Hund, sagte Pressesprecher Reinhard Schenke. Notfalls könnten durch Matratzen weitere Schlafplätze geschaffen werden. Die übernachtenden Personen würden angesichts von Corona so verteilt, so dass Abstände gewahrt werden können. In Osnabrück werden Obdachlose in den Unterkünften «pandemiegerecht» untergebracht, sagte Sprecher Sven Jürgensen. Notfalls wolle die Stadt bei Platzmangel auf Hotelkapazitäten zurückgreifen.
Kirche-Oldenburg
Städte im Nordwesten sehen sich gut gerüstet für Obdachlose im Winter – Corona-Schutzkonzepte sollen vor Ansteckungen schützen