Es ist das musikalische Großprojekt der braunschweigischen Landeskirche zum Reformationsjubiläum: Rund 750 Menschen aus Chöre aus aller Welt präsentieren Joseph Haydns großes Oratorium. Die Macher versprechen Gänsehaut-Momente.

Braunschweig (epd). Am Probeabend beginnt die Schöpfung mit dem Schluss. «Singt dem Herren alle Stimmen», intonieren rund 750 Stimmen in der schummrig ausgeleuchteten VW-Halle in Braunschweig. Es ist das erste Mal, dass die Sängerinnen und Sänger aus knapp 30 verschiedenen Chören gemeinsam den Schlusschor aus Joseph Haydns (1732-1809) monumentalem Werk «Die Schöpfung» singen. An diesem Sonntag wollen sie das Oratorium in voller Länge und selbstverständlich auch in der richtigen Reihenfolge einem großen Publikum präsentieren, sagt der braunschweigische Landeskirchenmusikdirektor Claus-Eduard Hecker: «Heute geht es erst einmal darum, dass alle Stimmen zueinanderfinden.»

Was er damit meint, verdeutlicht ein Blick auf die Zusammensetzung der Musiker. Zum einen gebe es professionelle Begleitung durch Mitglieder des Braunschweigischen Staatsorchesters und Solisten. Daneben wagen sich rund 650 Sängerinnen und Sängern aus allen Teilen der braunschweigischen Landeskirche und rund 100 Teilnehmer aus den Partnerkirchen in England, Indien, Japan, Namibia und Tschechien an die Schöpfung. Weder erwarte noch fordere er, dass alle die schwierigsten Passagen mitsängen, betont Hecker. Teile der Schöpfung seien aber relativ einfach einzustudieren. Bei diesen Passagen werde jeder mit vollem Einsatz dabei sein, verspricht er. «Außerdem haben wir viele Stimmen mit einem sehr hohen Niveau, die eine Stütze für den Rest sein können.»

Eine davon ist Yoko Nagashima aus Tokio. «Wir singen ständig auf Deutsch», sagt die Alt-Solistin, die selbst auch Gesangsunterricht gibt und einen Chor leitet. Vor allem Bach-Kantaten seien in Japan extrem beliebt. Aus Haydns Schöpfung habe sie bereits in der Vergangenheit einzelne Teile gesungen, sagt sie und stimmt zum Beweis «Die Himmel erzählen die Ehre Gottes» an. Das gesamte Werk sei aber auch für sie eine ganz neue Erfahrung. «Darin gibt es keine Alt-Soli, deswegen habe ich mich bislang noch nie mit dem gesamten Stoff auseinandergesetzt.»

Andere Chöre hätten für das zentrale Musikprojekt der braunschweigischen Landeskirche anlässlich des 500. Reformationsjubiläums komplett neu angelernt werden müssen, sagt Hecker. «In Namibia mussten wir Haydn erst mal erklären.» Die Kirchenmusik in dem Land befasse sich in der Regel nicht mit Oratorien aus dem fernen Deutschland. Doch auch dort hätten Chorleiter extrem professionell seit Januar mit einem lokalen Projektchor auf den Auftritt in Braunschweig hingearbeitet.

Für den braunschweigischen Landesbischof Christoph Meyns zeigt sich gerade an diesem Engagement bereits vor der Aufführung der Erfolg des internationalen Projektes. «Die Reformation ist eben auch eine Singbewegung gewesen und hat damit die Menschen zusammengebracht. Das wollten wir erreichen.» Er wolle sich am Sonntag in die Sängerinnen und Sänger einreihen, verrät der Bischof. Und obwohl er weniger Zeit zum Proben gehabt habe, wolle er gerne versuchen, weite Teile des Werkes mitzusingen.

Das Oratorium thematisiert in drei Teilen die Erschaffung der Welt, wie sie in der Bibel erzählt wird. «Die Schöpfung» wurde erstmals am 29. und 30. April 1798 unter der Leitung Haydns in Wien aufgeführt. Seitdem habe das Werk einen «Siegeszug durch die Welt» angetreten, sagt Hecker. Für den Abend der Aufführung verspricht er echte Konzert-Atmosphäre mit Gänsehaut-Momenten von Anfang an: «Zunächst singt nur ein kleiner Chor, dann stimmt die ganze Menge ein. Der Effekt ist unglaublich imponierend – darauf kommt es uns an.»
Source: Kirche-Oldenburg